Hassverfolgter
Personalie: Olivier Ndjimbi-Tshiende gibt als Pfarrer in Bayern auf
»Eine Pfarrgemeinde auf der Grundlage von Gerechtigkeit, gegenseitigem Respekt und Geschwisterlichkeit«, mit dieser Vision hatte Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende 2012 sein Amt in der katholischen Gemeinde St. Martin im oberbayerischen Zorneding angetreten. Jetzt wird er zum 1. April dort sein Priesteramt niederlegen. Statt gegenseitigen Respekt gab es Hassbriefe wie »Ab mit dir nach Auschwitz« oder »Nach der Vorabendmesse bist du fällig«. Auch den Rassismus zweier CSU-Lokalpolitiker bekam er zu spüren.
»Die schwierigste Aufgabe des Menschen als solchen scheint wohl dies zu sein: Verstehen und verstanden werden«, hatte Ndjimbi-Tshiende bei seinem Amtsantritt formuliert. Zuvor hatte er in dem Münchner Problemviertel Milbertshofen in der Pfarrei St. Georg gewirkt, war dort durch seine engagierte Arbeit mit schwierigen Jugendlichen bekannt geworden.
Wichtig sei das Verstehen von Spuren. Seine beginnen 1949, als er als das dritte von sechs Kindern eines Bauernehepaars im Kongo an der Atlantikküste zur Welt kommt. In seiner Heimat besuchte er zunächst das Knaben-, anschließend das Priesterseminar, wo er drei Jahre lang Philosophie studierte und vier Jahre an der theologischen Hochschule verbrachte. 1979 weihte man ihn als ersten Priester seines Stammes. Vier Jahre später wurde er Leiter der »charismatischen« Gemeinde, einer Bewegung der katholischen Kirche, die aus den Pfingstgemeinden entstanden ist, und arbeitete als Gefängnispfarrer. 1985 bat er darum, nach Deutschland gehen zu dürfen, um dort Philosophie und Kinderpsychologie zu studieren. Ndjimbi-Tshiende habilitierte sich, 2001 kehrte er zurück in seine Heimat, bekam dort aber keine Stelle. Vier Jahre lang war Ndjimbi-Tshiende arbeitslos, buk Brot, stellte Lehmziegel her und unternahm alles Mögliche, um zu überleben. Wegen einer Augenkrankheit kam er schließlich wieder nach Deutschland und arbeitete nach der Operation als Pfarrer in verschiedenen Gemeinden, zuletzt in Zorneding. Nun gibt er auf.
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