Claudia Pechstein muss noch warten
Der BGH vertagt sein Urteil im Schadenersatzprozess der Eisschnellläuferin auf Juni
Claudia Pechstein hatte den 8. März zum wichtigsten Tag ihrer Karriere erklärt und wirkte nach ihrem Gerichtstermin optimistisch. »Ich habe ein gutes Gefühl«, sagte die 44-jährige Berlinerin nach der mehr als zweistündigen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Und das, obwohl der Kartellsenat noch kein Urteil zur Revision des Eislaufweltverbandes (ISU) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München in der Schadenersatzklage der fünfmaligen Olympiasiegerin gesprochen hatte.
Richterin Bettina Limperg teilte mit, dies erst am 7. Juni zu verkünden. »Der Senat hat noch gar nichts rausgelassen, wohin er tendiert«, erklärte Prozessbeobachter und Sportrechtler Michael Lehner. Er habe weiter die Hoffnung, dass eine ganz große Entscheidung für die Sportgerichtsbarkeit gefällt werde. Die »größeren Argumente« habe es für die Eisschnellläuferin gegeben, fügte Lehner hinzu. Pechstein behauptet, nie gedopt zu haben, und kämpft mit ihrer Schadenersatzklage über fünf Millionen Euro gegen ihre Zwei-Jahres-Sperre durch die ISU und für die Wiederherstellung ihres ramponierten Rufes. »Die Richterin hat einen Super-Job gemacht«, lobte Pechstein.
Sie selbst habe schon oft Ausdauer bewiesen und werde das auch weiter tun: »Ich will, dass die Gerechtigkeit siegt.« Von einem Urteil des BGH pro Pechstein könnten auch andere Sportler profitieren, da ihnen künftig die Wahl zwischen Sportschieds- und Zivilgerichten offen stünde.
Lehner sah wichtige Argumente für Pechstein im Vortrag des Vertreters des Bundeskartellamts: Jörg Nothdurft erläuterte zwar die Vorteile der Schiedsgerichte wie die Beschleunigung von Verfahren und die Konzentration von Zuständigkeiten. Der internationale Sportgerichtshof CAS in Lausanne sei eine »zentrale Stelle mit hoher technischer Expertise«, aber die Organisation des CAS »kann immer noch gegen Kartellrecht verstoßen«. Nothdurft bezeichnete ein »Herauffahren der Neutralität« am Sportgerichtshof für angebracht - und folgte damit Pechsteins Argumentation. Ihr Anwalt Gottfried Hammer betonte, dass sich seine Mandantin nicht generell gegen internationale Schiedsgerichte wende. Aber ein solches müsse »sich an den Maßstäben aller Rechtsordnungen messen lassen, von denen es anerkannt werden will«.
Entscheidend sei, ob die Klägerin freiwillig handelte, als sie sich dem CAS unterwarf. Laut ISU-Anwalt Reiner Hall habe sich Pechstein »sehenden Auges auf die Athletenvereinbarung eingelassen.« Als er jedoch einräumte, dass sie ohne die Unterschrift nicht zum Wettkampf zugelassen worden wäre, reagierte Pechstein mit einem Grinsen.
Der zweite ISU-Anwalt Christian Keidel verteidigte den CAS: »Den Vorwurf, dass das Schiedsgericht hauptsächlich durch Verbandsvertreter besetzt ist, sehen wir nicht so. An diesen Personen wurde nie bemängelt, dass sie unabhängig sind.« Hingegen argumentierte Pechsteins Anwalt Thomas Summerer: Wenn eine Neutralität des CAS nicht gegeben sei, könne auch das Urteil gegen Pechstein keinen Bestand haben. Der CAS hatte 2009 die Sperre gegen Pechstein wegen erhöhter Blutwerte bestätigt. Hämatologen haben inzwischen aber bewiesen, dass diese eine natürliche Ursache haben. dpa/nd
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