Abwägung statt Selbstzensur
Robert D. Meyer über die Diskussionen um den Pressekodex
Der Deutsche Presserat wirkt auf den ersten Blick wie aus einer anderen Zeit: Seine Kritiker verspotten die Institution allzu oft als »zahnloser Tiger«. Und tatsächlich hat das Gremium viel von einer moralischen Instanz, die in der Gegenwart des internetgetriebenen Journalismus wie ein in die Jahre gekommener Wächter an alten Werten festzuhalten scheint. Man neigt voreilig dazu, den Presserat als Überbleibsel aus jener Vergangenheit zu betrachten, in der Beiträge noch gründlich auf mögliche Verstöße gegen den Pressekodex geprüft wurden, bevor man sie veröffentlichte.
Die mächtigste und zugleich schwächste Waffe dieser Institution ist die Rüge: Wird eine Publikation wegen des Verstoßes gegen den Pressekodex gerügt, ist das Medium theoretisch verpflichtet, diesen Hinweis zu veröffentlichen. Kommt der Gerügte der Aufforderung allerdings nicht nach, bleibt dies folgenlos, da weitergehende Sanktionsmaßnahmen nicht vorgesehen sind. Die ...
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