Wahlprogramme nur für Akademiker
Stuttgart. Komplizierte Fremdwörter, Anglizismen und Schachtelsätze - die Programme der Parteien zu den anstehenden Landtagswahlen sind einer Studie zufolge schwer zu verstehen. »Die Wahlprogramme sind so unverständlich wie eine Doktorarbeit«, lautete das Ergebnis einer Studie der Stuttgarter Universität Hohenheim in den drei Bundesländern, in denen am Sonntag gewählt wird.
Auf einer Skala von 0 für völlig unverständlich bis 20 für sehr verständlich bekamen die Programme der Parteien in Rheinland-Pfalz im Schnitt eine 7,6, in Baden-Württemberg eine 7,9 und in Sachsen-Anhalt eine 7,8. Das am besten lesbare Programm kam laut Studie von der LINKEN in Baden-Württemberg (9,7), gefolgt von der SPD in Rheinland-Pfalz (9,2) und der Südwest-CDU (9,1). Am kompliziertesten von allen stellt die Linkspartei ihre Vorstellungen in Rheinland-Pfalz (5,6) dar, wie der Leiter der Studie, Frank Brettschneider, konstatierte. Auf dem zweit- und dem drittletzten Rang landete die FDP - mit 6,0 in Baden-Württemberg und 6,4 in Rheinland-Pfalz.
Das Grünen-Programm bekommt Werte von 7,5 in Baden-Württemberg über 8,2 in Rheinland-Pfalz bis zu 8,6 in Sachsen-Anhalt. Analysiert wurden CDU, SPD, FDP, Grüne, LINKE, AfD und Piratenpartei.
Es gibt aber auch Unterschiede innerhalb der Wahlprogramme: Gerade Einleitung, Schluss und die Kritik an den politischen Gegnern seien klar formuliert, erläuterte Brettschneider. »Es sind vor allem die Fachabschnitte, die oft sehr kompliziert sind.« Die Parteien vergäben damit Chancen, Bürger für sich zu gewinnen. »Selbst wenn die Wähler nicht das gesamte Programm lesen, so schauen sich einige von ihnen doch zumindest die Passagen an, die sich auf Themen beziehen, die ihnen wichtig sind.«
Leichte Differenzen stellen die Wissenschaftler auch zwischen den Wahlprogrammen von Regierungs- und Oppositionsparteien fest. »Die Parteien schreiben in der Opposition im Schnitt etwas verständlicher als in der Regierung.« Allgemein häufig benutzte Wörter sind »Menschen« und »Land«. Die Opposition wählt eher fordernde Formulierungen wie »müssen«, »sollen« und »mehr«. Die Regierungsparteien tendieren in ihrer Wortwahl zu »unterstützen«, »fördern« und »stärken«.
Auch parteiintern haben die Programme nach den Erkenntnissen der Experten eine wichtige Funktion. »Während der Arbeit am Programm klären die Mitglieder innerparteiliche Positionen und bündeln verschiedene Interessen.« Das Programm diene auch als Grundlage für Koalitionsverhandlungen oder für die Arbeit in der Opposition. Brettschneider resümierte: »Entgegen landläufigen Behauptungen halten sich Parteien nach den Wahlen auch häufig an ihre Programm-Aussagen.« dpa/nd
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