Unternehmerlobby will Mindestlohn weiter aushöhlen
Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände fordert weitere Ausnahmen für langzeitarbeitslose Menschen ohne anerkannten Abschluss / DGB kontert: Wir brauchen eine unterste Haltelinie und keinen neuen Billigarbeitsmarkt
Berlin. Die Unternehmerlobby fordert weitreichende Änderungen am Mindestlohngesetz. Wer noch nie gearbeitet habe, mindestens ein Jahr arbeitslos oder ohne anerkannten Abschluss sei, solle für das erste Jahr der Beschäftigung vom Mindestlohn ausgenommen sein, heißt es in einem Schreiben der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) an den Bundestag, aus dem die Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Sonntags- und Montagsausgaben) zitieren.
»Gerade Menschen, die keine Ausbildung haben oder deren Ausbildung nicht unmittelbar für die Betriebe nutzbar ist, würde so der Weg in Arbeit erleichtert«, argumentierte die Unternehmerlobby. Bislang können Langzeitarbeitslose für die ersten sechs Monate ohne den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro beschäftigt werden, der seit Anfang 2015 gilt. Ausgenommen sind auch Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsausbildung.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks und der Deutsche Bauernverband forderten in Stellungnahmen für den Bundestag ebenfalls Änderungen. Die mit dem Mindestlohn verbundene »überflüssige Bürokratie« sei eine erhebliche Belastung, klagte der Handwerksverband.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Forderung der Unternehmer: »Wir brauchen einen lückenlosen gesetzlichen Mindestlohn als unterste Haltelinie und keinen neuen Billigarbeitsmarkt«, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Schon die jetzige Regelung, wonach Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate in Arbeit nicht unter den Mindestlohn fallen, sei »verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen und verbessert auch nicht die Arbeitsmarktintegration«, kritisierte Körzell.
Das Mindestlohngesetz gilt seit Anfang 2015. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 8,50 Euro die Stunde. Eine Kommission aus Unternehmern und Beschäftigtenvertretern soll bis Ende Juni eine Entscheidung über seine künftige Höhe treffen. Agenturen/nd
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