Lederer führt LINKE ins Wahljahr
Spitzenkandidat mit mäßigen 68,3 Prozent gewählt / Programm verabschiedet
Am Ende hilft auch ein Appell an das Gemeinsame nicht. »Wenn wir hier rausgehen, gibt es nur noch eine einzige Liste mit unseren Kandidaten der LINKEN Berlin«, sagt Klaus Lederer in Adlershof auf der Landesvertreterversammlung kurz vor seiner Kandidatur für Listenplatz 1 in Richtung seiner innerparteilichen Kritiker. Er stelle sich, so der 41-jährige Landesvorsitzende, selbstbewusst der Wahl - und hoffe auf »ein starkes Votum«. Den Unmut unter Teilen der Landesvertreter der Partei kann er so allerdings nicht besänftigen. Mit 68,3 Prozent (97 Ja- und 38 Nein-Stimmen bei 7 Enthaltungen) erzielt Lederer am Wochenende ein mäßiges Ergebnis. Auch die Stadtentwicklungsexpertin Katrin Lompscher und der Fraktionsvorsitzende Udo Wolf erhalten unter 70 Prozent Zustimmung. »Ist doch alles schön!«, kommentiert Lederer gegenüber »nd« seine Wahl.
Dass die Landesvertreter der LINKEN bei ihren Wahlentscheidungen durchaus Unterschiede machen, zeigen die Ergebnisse anderer Kandidaten wie Harald Wolf, der Ex-Senator erhält deutlich mehr Zustimmung. Gut möglich, dass dafür auch die kritische Auseinandersetzung mit der rot-roten Regierungszeit in einem Buch und die offensive Diskussion mit den regierungskritischen Teilen der Partei ursächlich waren.
Welche Vorbehalte es gibt, zeigt sich bereits in der »Generaldebatte« am Freitag, die nach dem Grußwort der Bundesvorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping, auf der Tagesordnung der Versammlung steht. Eine Jugendvertreterin und Mitglieder des bei der Personalauswahl übergangenen Bezirks Neukölln äußern Kritik. »So sollte man mit Bezirken nicht umgehen - egal ob Ost oder West«, sagt Ellen Brombacher. Bei der Listenaufstellung gibt es aufgrund der Vorbehalte später konkurrierende Kandidaturen.
Fakt ist aber auch: Eine deutliche Mehrheit in der LINKEN steht hinter dem Kurs Lederers. Sie trägt das vom Landesvorstand vorgeschlagene Personaltableau (siehe Kasten) mit. So auch die Kandidatur von Anne Helm, die sich von 2009 bis 2014 bei den Piraten engagierte und die jetzt in der LINKEN mit »Feuer« Politik machen soll. Darüber hinaus zeigt sich die breite Unterstützung auch in der Diskussion zum Wahlprogramm, wo die Regierungskritiker in der Regel mit ihren Vorstellungen und Änderungswünschen nicht durchkommen.
»Wir sind bereit, uns an einer Koalition zu beteiligen, die dafür sorgt, dass die Stadt wieder funktioniert«, gibt Lederer den Kurs vor. Das würden auch die Bündnispartner in der Stadt und die Wähler erwarten. Es sei wichtig, dass die LINKE gestärkt aus Wahlen hervorgehe und dann auf Augenhöhe verhandele, was weder mit der SPD noch gegebenenfalls mit den Grünen ein »Zuckerschlecken« werde, betonte er. Der rechten AfD will die LINKE zum Ende des diesjährigen Wahljahres in Berlin eine »krachende Niederlage« bescheren.
Inhaltlich (siehe Kasten) geht die LINKE nach einer guten Debatte auf ihrem Parteitag in Adlershof, die der Listenaufstellung vorausging, mit dem Credo in die Wahlauseinandersetzung, dass die Sozialisten es besser machen können als die Koalition aus SPD und CDU. Das Wahlprogramm »Unser Plan für ein soziales und ökologisches Berlin« wurde bei wenigen Gegenstimmen und Enthalten mit großer Mehrheit beschlossen.
Vor einem Eintritt in eine Regierung - auch das ein Beschluss des Landesparteitags vom Wochenende in Adlershof - soll es über einen Koalitionsvertrag eine Mitgliederbefragung unter den rund 7400 Mitgliedern der Partei geben. »Die Basis hat das letzte Wort«, hieß es.
Einen ausführlichen Bericht finden Sie hier.
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