Malu Dreyer will Ampel-Koalition
Grüne reichen der SPD in Mainz nicht mehr als Koalitionspartner / LINKE verfehlt Einzug ins Landesparlament
Jubel und Ausgelassenheit und »Malu, Malu«-Rufe brachen bei der SPD-Wahlparty in Mainz aus, nachdem die Trendmeldung um 18 Uhr der Partei mit über 37 Prozent einen klaren Wahlsieg prophezeit hatte. Als gut eine Viertelstunde später Hochrechnungen den klaren Vorsprung der SPD vor der CDU bestätigten, hielt es auch die Wahlsiegerin und SPD-Spitzenkandidatin Malu Dreyer nicht mehr in den abgeschirmten Räumen der Staatskanzlei. Strahlend trat die alte und neue Ministerpräsidentin vor die Kameras und ließ sich später von Parteifreunden stürmisch feiern. »Wir sind mit alter Stärke zurück und haben einen tollen Wahlsieg eingefahren, von dem wir vorher kaum träumen konnten«, rief Dreyer ihren ausgelassenen Anhängern zu.
Das »Wunder von Mainz« hatte vor wenigen Monaten noch kaum jemand an Rhein und Mosel für möglich gehalten. Noch im November hatte die SPD in Umfragen rund zehn Prozent hinter der CDU gelegen. Angesichts des anhaltenden Umfragetiefs der Bundespartei und des sich abzeichnenden SPD-Desasters in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt hatte die rheinland-pfälzische SPD alles auf ihre einzige Trumpfkarte mit vier Buchstaben gesetzt - Malu. Auf sie war der Wahlkampf zugeschnitten. SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel war im Lande kaum präsent.
Bei der CDU herrschte eine Schockstarre. Deren Landeschefin Julia Klöckner hatte sich auf Plakaten voreilig als neue Ministerpräsidentin präsentiert. Dass die Union nun wieder etwa auf dem historischen Tief von 2006 angelangt ist, ist für Klöckner eine bitte Pille. Mit der Rechtspartei AfD, die aus dem Stand zweistellig abschnitt und als drittstärkste Fraktion im neuen Landtag vertreten ist, wolle sie nicht zusammenarbeiten, erklärte Klöckner vor ihren Anhängern. »Für Menschenverachtung und Ausländerfeindlichkeit wird es nie eine helfende und kooperierende Hand der CDU geben.«
Das Duell der beiden Damen um den Chefsessel in der Mainzer Staatskanzlei dürfte auf der Zielgeraden zu einer starken Polarisierung und Mobilisierung bisheriger Nichtwähler beigetragen haben. So bricht eine gut zehnprozentige Zunahme der Wahlbeteiligung auf über 71 Prozent mit einem langjährigen Trend zunehmender Apathie. Hauptprofiteur dürfte allerdings die AfD sein.
Die Freude bei der SPD wurde getrübt durch das miserable Abschneiden der Grünen. 2006 war die einstige Ökopartei mit einem absoluten Rekordergebnis von 15,4-Prozent nicht zuletzt durch den »Fukushima-Effekt« aus der außerparlamentarischen Opposition in die Regierung katapultiert worden. Am Wahlabend mussten sie bis zuletzt um ihre parlamentarische Existenz bangen. Die FDP hingegen ist nach fünf Jahren Abstinenz wieder im Parlament vertreten und könnte demnächst nach zehn Jahren wieder in der Regierung sitzen. Dreyer kündigte an, dass sie mit FDP und Grünen über die Bildung einer Ampelkoalition reden wolle. Sollten die bei Redaktionsschluss knapp über fünf Prozent liegenden Grünen allerdings aus dem Landtag fliegen, so wäre eine SPD-CDU-Koalition die einzige vorstellbare Option in Mainz. Dreyer, die auf Rot-Grün gesetzt hatte, bezeichnete ein Bündnis mit der Union als »Ultima Ratio«.
Für die LINKE, die auf mageren drei Prozent verharrte, war dies seit 2006 schon der dritte erfolglose Anlauf, um in den Landtag zu kommen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.