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CSU fordert schärferes Asylrecht als Antwort auf die AfD

Parteichef Seehofer: Zentrale Grund für Niederlagen ist Merkels Flüchtlingspolitik / CDU-Generalsekretär Tauber: Bestätigung für aktuellen Kurs / SPD-Chef Gabriel: Erstarken der Rechten liegt am Unionsstreit über Asylpolitik

  • Lesedauer: 5 Min.

Es hat schon eine gewisse Ironie, wenn sich ausgerechnet jene Partei zum Ausgang der Landtagswahlen am lautesten äußert, die noch nicht einmal bei der Abstimmung gewählt werden konnte. »Die Botschaft der Bevölkerung heißt: Wir brauchen endlich wirksame Lösungen in der Flüchtlingskrise«, erklärte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kurz nachdem die Wahllokale am Sonntag geschlossen hatten und die erstrakte AfD den Rechtsruck in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz feierte. Wenig später hieß aus der Münchner Parteizentrale, die konsequente Antwort der heute zur Wahl gestandenen Parteien müssen heißen, nun auf den flüchtlingspolitischen Kurs der CSU einzuschwenken.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer wurde am Montag schließlich besonders deutlich: Hauptgrund für die CDU-Niederlagen bei den Landtagswahlen sei die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). »Der zentrale Grund ist die Flüchtlingspolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, da vorbeizureden«, sagte Seehofer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. Bayerns Ministerpräsident fordert deshalb eine Kurskorrektur, was übersetzt nichts anderes als eine weitere Verschärfung des Asylrechts bedeutet. In seiner Analyse übersah Seehofer offenbar das Abschneiden der rheinland-pfälzischen CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Die Landesvorsitzende hatte sich vor der Wahl gegen Merkels Asylpolitik rebelliert, doch genutzt hat ihr dieser Aufstand nichts: Die CDU verlor 3,4 Prozent und landete mit 31,8 Prozent deutlich hinter der SPD.

Trotz des Aufstiegs der Rechtspopulisten erteilte CDU-Generalsekretär Peter Tauber den Forderungen der CSU eine Absage. »Angesichts dessen, was wir schon erreicht haben, rate ich uns, auf diesem Weg weiter fortzufahren«, sagte Tauber am Montag dem Sender n-tv. Personelle Konsequenzen nach den Landtagswahlen schloss er aus: »Die CDU gewinnt zusammen und wir verlieren zusammen.«

Tauber wertete die Erfolge für die Grünen in Baden-Württemberg mit Winfried Kretschmann und für die SPD in Rheinland-Pfalz mit Malu Dreyer auch als Zustimmung zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Die Landtagswahlen hätten gezeigt, »dass es fast einen Wettlauf gab bei den demokratischen Parteien, wer Angela Merkel eigentlich am besten unterstützt«.

Ähnlich äußerte sich CDU-Vize Armin Laschet. Er sieht eine Bestätigung des Kurses der Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik. Wer sich öffentlich für eine europäische und gegen alle nationalen Lösungen einsetze, habe bei den Wahlen gut abgeschnitten. »Das heißt für uns, es darf keine Kursänderung geben«, sagte Laschet am Montag dem Fernsehsender Phoenix. Die AfD werde sich nach Einschätzung von Laschet im Parlamentsalltag entzaubern. »Nur ein Denkzettel zu einer Flüchtlingspolitik ist ja noch keine Politik. Die AfD wird sich in den Landtagen jetzt auch ein Stück entlarven.«

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte dagegen klare Konsequenzen aus den Erfolgen der Rechtspopulisten. »Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratische Alternative geben«, sagte er vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien am Montag in Berlin. Nach den drei Landtagswahlen »können wir nicht so weitermachen«. Die Wähler müssten so schnell wie möglich zurückgeholt werden. Wie dies gelingen könnte, ließ Haseloff offen.

Hessens Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Volker Bouffier bezeichnete die Ergebnisse der Landtagswahlen als einen »Schlag«. Die Wahlen hätten alle Merkmale einer Protestabstimmung und zeigten, dass »ein beträchtlicher Teil der Bürger nicht zufrieden ist«, sagte Bouffier nach Angaben des Hessischen Rundfunks am Montag dem Radiosender hr1. Als Konsequenz aus dem guten Abschneiden der AfD forderte er Lösungen in der Flüchtlingsfrage. »Wir müssen das Flüchtlingsproblem dauerhaft in den Griff kriegen. Das heißt, die Balkanroute muss zu bleiben«, sagte er.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel machte für das Erstarken der AfD vor allem die Union verantwortlich: »Ich glaube, dass das Ergebnis hoffentlich ist, dass die CDU/CSU merkt, dass dieser permanente Streit, die Chaostage dort, ihnen nicht helfen« so Gabriel. Er hoffe, dass die Unionsparteien begriffen, dass die von der SPD vorgeschlagene Linie in der Flüchtlingsfrage »letztlich auch für sie eine bessere Politik ist, als darüber ständig zu streiten«. Einen Kurswechsel lehnte Gabriel ab: »Wir haben klare Aussagen zur Flüchtlingspolitik und dazu stehen wir.« Generell werde die SPD »um das demokratische Zentrum kämpfen« in Deutschland. Es werde der AfD nicht gelingen, das Land in Instabilität zu bringen.

Nach Ansicht von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley trug die Flüchtlingspolitik nicht zu den deutlichen Verlusten ihrer Partei in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg bei. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hätten mit Malu Dreyer (SPD) und Winfried Kretschmann (Grüne) Spitzenkandidaten gewonnen, die in der Flüchtlingspolitik eine klare Linie verträten, sagte Barley im Deutschlandradio Kultur. Diese sei proeuropäisch und humanitär gewesen.

Die SPD müsse nun »genau überlegen, welche Strategien wir fahren für die nächste Bundestagswahl« im Herbst kommenden Jahres, sagte Barley. Bei allen drei Wahlen sei der jeweilige Juniorpartner abgestraft worden, gab sie zu bedenken. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt war dies die SPD.

LINKEN-Chefin Katja Kipping warnte ihre Partei nach dem mageren Abschneiden bei den Landtagswahlen davor, von ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik abzurücken. Das Grundrecht auf Asyl und das Nein zu Obergrenzen sei Beschlusslage der Partei, sagte Kipping am Montag in Berlin. Dabei solle es auch bleiben.

Hätte die LINKE ihre Grundpositionen im Wahlkampf aufgegeben, hätte es ihr nichts genutzt, zeigte sich Kipping überzeugt. »Wenn wir auf AfD-light gemacht hätten, müssten wir noch über ganz andere Wahlergebnisse reden.« Die Parteichefin ging in diesem Zusammenhang auf Distanz zu Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, die kürzlich in einem Interview gesagt hatte, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten. Diese Aussage zu treffen, sei »keine gute Entscheidung« gewesen.

Kipping rief zu einem breiten gesellschaftlichen Bündnis gegen die AfD auf. Auch der LINKEN-Spitzenkandidat Wulf Gallert bezeichnete es als richtig, dass die Partei nicht von ihrem flüchtlingspolitischen Kurs abgerückt sei. Viele seien stolz darauf, »dass wir unserer Position beibehalten haben«. Agenturen/nd

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