Tricks helfen nicht weiter

»Miteinander« drängt auf inhaltliche Argumente gegen die AfD im Landtag

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Fraktionen in Sachsen-Anhalt sollen sich schnell auf inhaltliche Debatten mit der AfD einstellen, sagen Experten. Vorerst sind sie aber damit beschäftigt, sich neu zu sortieren.

In der sachsen-anhaltischen Landespolitik hat es eine »tektonische Plattenverschiebung« gegeben. Das sagt David Begrich vom Verein »Miteinander«, nachdem die AfD bei der Wahl am Sonntag auf 24,2 Prozent kam und 15 Direktmandate eroberte. Der in dieser Höhe unerwartete Erfolg sei Indiz für die »Etablierung eines rechten Blocks im Parteiensystem«, der sich vor allem in Ostdeutschland manifestieren werde. Es handle sich um eine äußerst gefährliche Entwicklung, sagt der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke. Die AfD strebe einen »völkischen Nationalismus« an und schüre einen Hass, der »auf Dauer unser Gemeinwesen zerstört«.

Im Umgang mit der 24 Mitglieder starken Fraktion sollten die anderen Abgeordneten indes weder auf moralische Diskreditierung setzen noch auf Ausgrenzung der Rechtspopulisten etwa durch die Änderung der Geschäftsordnung. »Das wird scheitern«, sagt Begrich. Wenig Hoffnung macht er auch mit Blick auf einen baldigen Zerfall der Fraktion oder eine unzureichende parlamentarische Erfahrung der Abgeordneten: »Man sollte nicht darauf warten, dass sie sich selbst demontieren.« Er glaubt zudem an einen im Vergleich zu Sachsen oder Thüringen »stolperfreien Einstieg«. Dafür dürfte personelle Unterstützung und »Wissenstransfer« aus anderen Ländern sorgen.

Einziges Erfolg versprechendes Rezept ist nach Ansicht des Vereins die inhaltliche Konfrontation. Im AfD-Programm gebe es viele Widersprüche, die es offenzulegen gelte. Der Verein bot dabei Unterstützung an: »Falls gewünscht, helfen wir den Fraktionen, sich fit zu machen«, sagt Begrich. Er hofft, dass die zunächst zu beobachtende Schockstarre bald nachlässt und CDU, LINKE, SPD sowie Grüne nicht zu viel Zeit damit verbringen, nach teils enttäuschenden Wahlergebnissen »erst einmal den eigenen Heuboden aufzuräumen«.

Genau dies steht freilich zunächst im Vordergrund. Teils sortieren sich die Parteien personell neu, teils bereiten sie sich auf die Sondierungsgespräche für eine neue Koalition vor, die an diesem Mittwoch beginnen sollen. Die Gremien von SPD und Grünen beschlossen jeweils einstimmig, die Einladung des CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff anzunehmen. Die Grünen setzen auf nicht weniger als eine »demokratisch-ökologische Erneuerung Sachsen-Anhalts« und planen für den 23. April bereits einen Parteitag, um über einen Koalitionsvertrag abzustimmen. Wie allerdings CDU und Grüne sich etwa in der Flüchtlingspolitik einigen, wird mit Spannung erwartet.

Auch die SPD will eine »handlungsfähige Landesregierung«, muss zugleich aber ihre Niederlage verarbeiten. Als Konsequenz daraus macht Katrin Budde nach anfänglichem Zögern den Weg für einen Neuanfang an der Spitze von Fraktion und Partei frei. Erstere will Finanz-Staatssekretär Jörg Felgner leiten, der sich am Dienstag zur Wahl stellte. Die Sondierungen leitet auf SPD-Seite die Landesvizevorsitzende Katja Pähle. Sie könnte auf einem nach Ende der Koalitionsverhandlungen geplanten Parteitag auch zur Vorsitzenden aufsteigen.

Nichts mit der Regierungsbildung in Sachsen-Anhalt zu tun hat die LINKE - weshalb es auch dort einen Wechsel an der Spitze der Landtagsfraktion gibt. Wulf Gallert bewirbt sich am kommenden Dienstag nicht erneut um den Vorsitz, den er zwölf Jahre inne hatte. »Die Partei braucht einen Wandel und neue Gesichter«, sagte der dreimalige Spitzenkandidat nach einer Sitzung des Landesvorstands am Montag. Intern hieß es, er habe den Rückzug schon lange für den Fall geplant, dass ein angestrebtes rot-rot-grünes Bündnis nicht zustande käme. Gallerts Nachfolger soll der Hallenser Finanzpolitiker Swen Knöchel werden; Gallert bewirbt sich als Vizepräsident des Landtags.

Einen Wechsel gab es schließlich auch bei der CDU. Dort wurde Siegfried Borgwardt zum neuen Fraktionschef gewählt. Er hatte eine Kampfkandidatur gegen den bisherigen Chef André Schröder angekündigt, der daraufhin zurückzog. Schröder rechnet sich Chancen auf ein Ministeramt aus.

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