Minister las TTIP-Texte
Berlin. Über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP darf Verbraucherschutzminister Helmuth Markov (LINKE) nun nicht mehr frei sprechen. Per Unterschrift hat er sich am Mittwochmorgen zum Schweigen verpflichtet, bevor er in einem extra Leseraum des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin-Mitte Einsicht in die Dokumente nehmen durfte. Zwei Stunden studierte er am Computerbildschirm, was USA und EU bislang verhandelt, aber noch nicht abschließend entschieden haben. Weil die Zeit nicht ausreicht, um die Dokumente in englischer Sprache komplett durchzuarbeiten, konzentrierte sich Markov auf Themen, die ihn besonders interessieren. Anschließend stellte sich Markov auf der Wiese vor dem Ministerium den Fragen von Journalisten. »Ich darf Ihnen nicht sagen, was ich gelesen habe. Ich darf Ihnen nur sagen, was ich nicht gelesen habe«, bedauerte Markov. Diesen Trick hatte zuvor auch schon Linksparteichefin Katja Kipping benutzt.
Nicht gefunden hat der Minister Hinweise, dass die USA internationale Arbeitsschutzstandards akzeptieren, dass regionale Herkunftsbezeichnungen wie Spreewaldgurke und Teltower Rübchen geschützt und ungeliebte amerikanische Agrarprodukte, beispielsweise gentechnisch veränderte, von Europa ferngehalten werden. Auch über Antibiotika in der Tierzucht, die Keime resistent und den Verbraucher für Medikamente unempfänglich machen, hat Markov nichts gefunden. Ebenso wenig erkennt er Vorteile von TTIP für kleine und mittelständische Firmen in Brandenburg. Sein Fazit: Es müsste noch enorm nachgearbeitet werden.
Den Leseraum für Privilegierte, die schweigen müssen, hält Markov für intransparent. Trotzdem will er wieder hingehen, wenn neue Dokumente vorgelegt werden. Denn es nützt ihm doch, das Hintergrundwissen zu haben. af
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