Der Blick nach Rechts muss weiter werden
Justizminister von Bund und Ländern wollen härter gegen Kriminalität von rechts vorgehen - bisher aber keine konkreten Maßnahmen vereinbart / Kritik: Fokus auf organisierte rechte Szene zu eng
Straftaten mit rechtsextremen Hintergrund erreichen in Deutschland seit Monaten immer neue Höchststände. Die Justizminister aus Bund und Ländern wollen nun für eine konsequentere Verfolgung sorgen: Während des sogenannten Justiz-Gipfels am 17. März in Berlin plädierten sie unter anderem dafür, Spezialdezernate bei Staatsanwaltschaften einzurichten und stärker gegen die »Hasskriminalität« im Internet vorzugehen. Auf verbindliche Maßnahmen und einen Zeitplan verständigten sie sich aber nicht.
Die Amadeu Antonio Stiftung hatte vor dem Gipfel in Berlin an die Justizminister appelliert, Sonderstaatsanwaltschaften für Hassverbrechen einzurichten. Geschäftsführer Timo Reinfrank sagte, dort könne die Fachkompetenz gebündelt werden. »Seit Bestehen der Bundesrepublik hat es keine solche Dichte an Angriffen auf Flüchtlinge in Deutschland gegeben«, sagte er. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen sei ein Ende nicht abzusehen.
Einige Probleme sind erkannt, die Maßnahmen aber noch nicht ausreichend und der Fokus zu eng: Auf diese Formel lässt sich die Kritik des Deutschen Institut für Menschenrechte bringen: Die Maßnahmen würden nicht zum Ziel führen, wenn nicht zugleich die Begrenzung des Blicks auf den Rassismus im organisierten Rechtsextremismus aufgegeben werde, heißt es in einer Erklärung des Instituts. Wenn in den letzten beiden Jahren Täter ermittelt worden sind, »kamen diese häufig nicht aus dem organisierten Rechtsextremismus«. Politik und Behörden dürften keinesfalls die Fehler der Vergangenheit fortsetzen und ihre Maßnahmen auf die Bekämpfung des organisierten Rechtsextremismus begrenzen. »Vielmehr muss Rassismus überall in der Gesellschaft in den Blick genommen werden. Polizei und Justiz müssen im Fall rassistischer Gewalt wirksam aufseiten der Opfer eingreifen und effektiv gegen die Täter vorgehen.« Gerade das Behördenversagen Dazu im Fall des NSU habe gezeigt, dass auch die Verfahren, Strukturen und Einstellungen in Polizei und Justiz kritisch hinterfragt werden müssten.
Gerade die Alternative für Deutschland (AfD) wird zunehmend zum »Sammelbecken für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus« auf Parteienebene. Gegen die rassistische Hetze aufzustehen – dafür setzen sich auch die bereits mehr als 11.000 Unterzeichner des Aufrufs »Aufstehen gegen Rassismus« ein. »Überall wo die Rassistinnen und Rassisten von AfD und Co. demonstrieren, sprechen oder auf Stimmenfang gehen, werden wir präsent sein und klar und deutlich sagen: Wir stehen auf gegen Rassismus! Keine Stimme für rechte Hetze!«, heißt es dort. Die Ereignisse der letzten Monate haben gezeigt, wie dringend notwendig entschiedenes Handeln gegen Rassismus und auch für den Schutz der Opfer rassistischer Anfeindungen und Gewalt ist. nd/stf
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