Fragen von uns und an uns
Selbstorganisierte Flüchtlingsstädte existieren auch im Kerneuropa - und sind ständig wachsender Repression ausgesetzt
Wieso machen wir das?
Ziel unserer Info- und Support-Tour ist es, öffentlich aufzeigen, dass selbstorganisiert Flüchtlingsstädte auch im Kerneuropa existieren und dass sie ständig wachsender Repression ausgesetzt sind. Dass geflüchtete Menschen sich, wie in Calais, eine eigene Infrastruktur zusammenzimmern, ist absolut legitim. Zugleich ist es absolut inhuman, dass sie unter den Bedingungen des Camps leben müssen, weil die Gesetze und die Abschottungspolitik sie zwingen, sich in der Not einrichten. Wir finden die vielfältigen Forderungen der Menschen im Jungle von Calais legitim. Die meisten wollen nach Großbritannien, kommen aber seit Abriegelung des Eurotunnels nicht mehr dahin. Es gibt immer wieder Verletzte und Tote bei den Versuchen, den Ärmelkanal in Containern oder im Zugtunnel zu überqueren. Etliche werden entdeckt, was das Risiko für Leib und Leben erhöht, Wärmebildkameras und andere Mittel nötigen die Menschen in Kühl-Lkws zu steigen. Viele scheitern, einige schaffen es, zu viele sterben kurz vor ihrem Ziel.
Wir hoffen, die politischen Kämpfe der Geflüchteten und die Support-Strukturen vor Ort unterstützen zu können. Der Jungle funktioniert weitgehend selbstorganisiert, denn er wird von den großen Hilfsorganisationen nicht unterstützt. Wir hoffen, eine Öffentlichkeit herstellen zu können, für Kämpfe die gerade in Europa geführt werden (müssen), wir sind Streiter_innen für ein Recht auf Migration und gegen die rassistische, kriminalisierende und exkludierende Politik der europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten.
Wie haben wir uns vorbereitet?
Wir haben uns online bei l›‹auberge des migrants angemeldet. Über calaidipedia.org wird eine internationale dezentrale Anmeldung als Volunteers ermöglicht und Infos für die Vorbereitung sowie eine Packliste verlinkt. Wir haben die erforderlichen Kits für Müllaufsammeln, Bürotätigkeiten oder Spendensortieren mit. Wir sind also bereit in allen notwendigen Bereichen zu helfen und gehen davon aus, dass wir die kommende Woche täglich 8 h arbeiten. Wie? Was? Und ob wir als nicht-französische Volunteers überhaupt das Camp betreten dürfen? Wissen wir noch nicht. Über Airbnb haben wir uns eine Wohnung auf einem Bauernhof organisiert. Richtung Meer wäre das deutlich teurer, aber einige Autominuten im Festland bezahlbar.
Wie war unsere Route? Wieso erst heute?
Wir haben uns nach den gestrigen Anschlägen in Brüssel dazu entschieden, den Start zu verschieben und zu warten, bis sich die Lage etwas beruhigt hat. Wir haben den Umweg über das Elsaß genommen, um nicht durch Belgien fahren zu müssen und unnötige Grenzkontrollen zu vermeiden. Zwar sind wir in der EU, aber trotzdem berichten immer wieder AktivistInnen darüber, dass Refugee-Support Arbeit behindert und gegängelt wird. Wir wollten also, wenn es doof läuft, nur einmal den kompletten Bus ausladen müssen.
Was haben wir dabei? Woher? Wofür?
Wir haben Decken, Schlafsäcke, Isomatten, Säcke voll Handschuhe und Trainingshosen sowie warme Klamotten und Erste-Hilfe-Material aus Sachspendenbeiträgen eingepackt, der Großteil davon stammt aus Passau und aus Leipzig. Wir können also sagen, dass es sich lohnt auch abzufragen, wo noch Spenden in Sammelstellen lagern, die aufgrund veränderter Fluchtrouten lokal nicht mehr benötigt werden. Denn während vor faktischen Schließung der Balkanroute noch tausende Geflüchtete täglich die deutsch-österreichischen Grenzübergänge überquerten, erreichten beispielsweise letzten Sonntag nur 7 Asylsuchende Passau.
Bis vor kurzem gab es im Camp die selbstorganisierte Bibliothek Jungle Books mit angeschlossenem Medienzentrum, also Computern. Sie befand sich im südlichen Teil des Jungles und wurde bei der Räumung mit abgerissen. Seit vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass der nördliche Teil vorerst legalisiert ist, soll Jungle Books in Form zweier mobiler Zentren wiederentstehen. Deshalb haben wir PCs, Drucker und Büromaterial mit, um diese Vorhaben zu unterstützen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!