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Regierungspartner gesucht

Große Koalition verliert Umfragemehrheit und wird sie kaum wiedererlangen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 4 Min.
Rot-Schwarz wird bei den Berlinern immer unbeliebter. Aber auch andere Regierungsbündnisse würden es derzeit schwer haben.

Frank Henkel möchte Regierender Bürgermeister von Berlin werden. Das ist ein verständlicher Wunsch, der aber ein frommer bleiben dürfte. Denn nach der jüngsten Forsa-Umfrage im Auftrag der »Berliner Zeitung« bleibt Berlins CDU-Landeschef und Innensenator kaum eine Chance auf Realisierung. Mit 19 Prozent hat die CDU im Vergleich zum Februar zwei Punkte in der Wählergunst verloren und bleibt damit erstmals seit 2011 unter der 20-Prozent-Marke. Weil auch die SPD um zwei Punkte auf 27 Prozent absackt, hätte die rot-schwarze Koalition nach den Wahlen im September keine Mehrheit mehr.

Eine Regierungsbildung wird also nicht nur für Frank Henkel schwierig. Zweierkoalitionen hätten derzeit auch in anderer Zusammensetzung schon rein rechnerisch keine Chance. Die Grünen verbessern sich um zwei auf 18 Prozent, die LINKE verharrt bei 14 Prozent, die AfD legt um zwei auf neun Prozent zu. Die Piraten sind mit zwei Prozent von einem Wiedereinzug ins Parlament weit entfernt, dafür könnte es die FDP wieder schaffen. Erstmals seit 2011 liegt sie mit sechs Prozent wieder über der Fünf-Prozent-Hürde.

Es läuft somit alles auf ein allseits unbeliebtes Dreierbündnis hinaus. Da in der SPD die Abneigung gegen den schwarzen Koalitionspartner zunimmt, spricht vieles für Rot-Rot-Grün. »An uns soll es nicht scheitern«, sagt Grünen-Landeschef Daniel Wesener. Dass der SPD-CDU-Senat keine Mehrheit mehr hat, findet er logisch. »Das entspricht der Stimmung unter den Berlinern. Die große Koalition ist selbst ein großes Problem.« Das widerspiegeln die Umfrageergebnisse deutlich. Zufrieden mit der Arbeit des Senats ist danach nur noch ein gutes Drittel der Berliner (35 Prozent). Im August 2015 waren es noch 43 Prozent. Besonders stark verlor die SPD an Zustimmung. Nur 38 Prozent bewerteten die Arbeit der SPD positiv, ein Minus von fünf Punkten. Die Zustimmung zur Arbeit der CDU blieb auf niedrigerem Niveau (30 Prozent) relativ konstant. Nur 27 Prozent der Befragten wünschten sich eine Neuauflage von Rot-Schwarz. Ein rot-rot-grünes Bündnis findet allerdings auch nur 14 Prozent Zustimmung.

Wesener ist denn auch vorsichtig. »Bis zu den Wahlen kann noch viel passieren.« Das wissen insbesondere die Grünen, die vor fünf Jahren nach den Umfragen sogar die Chance hatte, stärkste Partei zu werden, dann aber mit Renate Künast als Spitzenkandidatin mit 17,6 Prozent doch nur auf Platz drei landeten und von Klaus Wowereit bei der Senatsbildung verschmäht wurden. Letztlich werde man auch diesmal erst in den Koalitionsverhandlungen sehen, ob es zur Regierungsbildung reicht, sagt Wesener, der aber gemeinsame Schnittmengen mit SPD und LINKE sieht. Dass sich seine Partei zu SPD und CDU mit ins Boot setzt, hält er für unwahrscheinlich: »Ich kenne niemanden, der Frank Henkel weitere fünf Jahre im Senat schenken will.«

Für die LINKE wäre Rot-Rot-Grün ohnehin die einzige Option, um in die Regierung zurückzukehren. Aber auch in dieser Konstellation müsse man erst sehen, »ob es inhaltlich passt«, so ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Steffen Zillich. In Thüringen gebe es zwar gute Erfahrungen mit diesem Modell, aber in Berlin sei eine Politik auf Augenhöhe aller Regierungsparteien »noch nicht so ausgeprägt«.

Die schlechten Umfragewerten der schwarz-roten Koalition sind für Zillich auch Ausdruck der aktuellen Krise des Senats mit Berateraffäre und Filzvorwürfen. Wer seiner kaputtgesparten Verwaltung nichts mehr zutraut und ihr teure Berater-Bypässe legt, müsse sich über den Absturz nicht wundern. »Für müssen eine Antwort darauf geben, dass Politik überhaupt noch was Reißen kann«, sieht er als Aufgabe der LINKEN. Mit ihr werde es es eine konfrontative Politik gegenüber den Interessen der Bürger nicht geben, verspricht Zillich. »Wir wollen den Leuten ein Angebot machen, wie sie mitentscheiden können.« Gerade der Eindruck, dass sie nur alle fünf Jahre zu den Wahlen etwas verändern könnten, stärke die AfD. Zillich hat noch die Hoffnung, dass man die Rechtsaußenpartei ganz aus dem Parlament heraushalten kann: »Wir müssen den Protestwählern klar machen, dass es nichts hilft, auf die AfD zu setzen, wenn man seine Lebensumstände verändern will.«

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