Obamas Vision verblasst

Neue Aufrüstung durch Atomwaffen-Modernisierung

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Idee eines regelmäßigen Nuclear Security Summit geht zurück auf die Rede von Barack Obama am 5. April 2009, als der USA-Präsident seine Vision eines Planeten ohne atomare Bedrohungen verkündete. »Ich drücke klar und mit Überzeugung Amerikas Engagement für den Frieden und die Sicherheit einer atomwaffenfreien Welt aus.« Seitdem fanden zwar drei Gipfel zur nuklearen Sicherheit statt, zuletzt 2014 in Den Haag. Doch dem in Prag verkündeten globalen Ziel ist Obama in seiner bisherigen Amtszeit kaum nähergekommen.

Obwohl eine deutliche Mehrheit in der internationalen Staatengemeinschaft aus humanitären Gründen die Ächtung von Kernwaffen und einen völkerrechtlichen Verbotsvertrag fordert, existieren weltweit weiter über 15 000 nukleare Sprengköpfe, mehr als 90 Prozent davon in den Arsenalen der USA und Russlands. 1800 dieser Massenvernichtungswaffen mit der vielfachen Sprengkraft der vor 70 Jahren gezündeten Hiroshima-Bombe befinden sich auch 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges noch immer in höchster Alarmbereitschaft.

Mehr noch: Auf dem diesjährigen NATO-Gipfel in Warschau will der Nordatlantik-Pakt die Rolle der nuklearen Abschreckung in seiner Militärstrategie neu diskutieren. Die Welt erlebt eine Phase der atomaren Aufrüstung, und das Stichwort »Modernisierung der Arsenale« dient dabei als Deckmantel. Auch und vor allem in Washington. Dort hat Präsident Obama eine Erneuerung der atomaren Streitkräfte angekündigt, die über zwei Jahrzehnte hinweg eine Billion Dollar kosten soll. So wird derzeit im Rahmen des »Life Extension Program« zur Verlängerung der Lebensdauer der Kernwaffen eine von US-Medien zur »Wunderwaffe« erklärte Bombe entwickelt - die lenkbare und angeblich überaus präzise B61-12 mit bunkerbrechender Sprengkraft. Dieser Sprengkörper enthält angereichertes Uran und dringt vor der Detonation mehrere Meter in die Erde ein, was ihn effizient bei der Vernichtung von unterirdischen Zielen macht. Erfolgreiche Tests soll es auf einem Übungsgelände im Bundesstaat Nevada gegeben haben.

Das ist eine Entwicklung, die auch für Deutschland von großer Bedeutung ist, sollen die neuen nuklearen Sprengköpfe doch die nach Expertenschätzung derzeit rund 180 in Europa stationierten Atomwaffen der USA bis 2020 ersetzen. 20 davon lagern auf dem Fliegerhorst Büchel. Friedensaktivisten haben der Bundesregierung auf den Ostermärschen gerade wieder vorgeworfen, viel zu wenig für den Abzug dieser Atomwaffen zu tun, obwohl sich doch 85 Prozent der Bundesbürger in Umfragen dafür aussprechen. Ihre Modernisierung ermuntert weitere Staaten, selbst Atomwaffen zu entwickeln oder zu erwerben und verstärkt das Glaubwürdigkeitsproblem für den Atomwaffensperrvertrag und das dort festgeschriebene Versprechen, atomar abzurüsten. Auch das schwächt die nukleare Sicherheit.

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