Bilder aus einem verfemten Land

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Bilder aus dem Inneren Russlands waren wohl seit Jahrzenten nicht so wichtig wie heute. Viele deutsche Medienschaffende haben in den letzten Jahren und in einer befremdlich breiten Übereinkunft ein grotesk verzerrtes Russlandbild installiert. Sie haben dadurch die Position des Beobachters verlassen und sich gemeinsam mit Politikern in den Schützengraben eines von der NATO vom Zaun gebrochenen neuen Kalten Kriegs begeben. Sie sind befangen. Russland hat seine gravierenden innenpolitischen Defizite - aber es ist keine Diktatur und die allseits grell an die Wand gemalte militärische Gefahr geht von dem Land (im Moment) wohl kaum aus.

Andererseits ist längst nicht ausgemacht, dass die russischen Dokumentarfilme, die das Kino Arsenal nun in einer großen April-Reihe zeigt, frei von interessengeleiteter Propaganda sind. Aber es kann in der aktuell völlig unnötig aufgeheizten Situation in jedem Fall bereichernd und völkerverständigend sein, Eindrücke zu erhalten, die nicht erst durch den Filter westlicher PR-Agenturen gegangen sind. Zudem laufen im Arsenal ja keine Reportagen von »Russia Today«, sondern hierzulande noch nie gezeigte Werke namhafter und teils auch sehr kritischer Dokumentaristen wie Alexander Sokurow, Sergej Dwortsewoi und Sergej Losnitza. Gerahmt sind die Vorführungen von einem umfangreichen Vermittlungsprogramm und dem Auftritt zahlreicher künstlerischer Gäste.

Einer der ersten Filme ist Sergej Losnitzas hier abgebildeter »Sobytie« (The Event, 2015), der am 1. April (21.30 Uhr) gezeigt wird. In seinem jüngsten Film nutzt Losnitza, der auch als Gast erwartet wird, Archivbilder, um drei Tage des gescheiterten Putschversuchs gegen Gorbatschow im August 1991 in Leningrad festzuhalten. Das Programm der Reihe besteht aus 21 kurzen, mittellangen und abendfüllenden Filmen, die in drei Themenblöcke unterteilt sind. Der erste und umfangreichste Teil präsentiert Geschichten aus der russischen Provinz. Der zweite Teil fokussiert das Scheitern politischer Veränderungen: vom Putsch 1991 bis zu den Protesten gegen Wladimir Putin 2008 und 2012. Der dritte Teil thematisiert die aktuelle Rückkehr der staatlichen Rhetorik zum »Sowjetischen«. tri Foto: Standbild

The Revolution that wasn’t: Russische Dokumentarfilme 1991-2015, 1. bis 30. April, Kino Arsenal

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