Leser laufen, wo Piloten fliegen
Die nd-Frühjahrswanderung endet in der Nähe des 69 Jahre alten Strausberger Flugplatzes
Im Erdgeschoss des Towers auf dem Strausberger Flugplatz kommt sofort Urlaubsstimmung auf. Schalter, ein Wartesaal. Im Grunde ist vom Gefühl her alles so wie in einem Flughafen mit Verbindungen in alle Welt, bloß viel kleiner - und von den Sicherheitskontrollen ist nichts zu sehen. Denn die Abfertigung der Passagiere sei auf einem Verkehrslandeplatz wie hier allein Sache der Piloten, erläutert Betriebsleiter Michael Pestel.
Nicht weit weg vom Flugplatz endet am 17. April die nd-Frühjahrswanderung auf dem Alten Gutshof an der Prötzeler Chaussee 7 in Strausberg-Nord. Gestartet wird an diesem Tage von 8 bis 11 Uhr am S-Bahnhof Strausberg-Stadt. Zur Auswahl stehen zwei 15 und 9 Kilometer lange Strecken. Bei der Anreise ist zu beachten, dass zwischen Fredersdorf und Hoppegarten Schienenersatzverkehr besteht.
Verstärkt wird das Reisefieber auf dem Strausberger Flugplatz durch ein Reisebüro, das sich im Tower eingemietet hat. Ein Trip nach Kuba oder Kreta kann hier gebucht werden. Abflug wäre dann aber doch in Schönefeld oder Berlin-Tegel. In Strausberg dürfen nur Maschinen bis zu einem Gewicht von acht Tonnen starten. Technisch möglich wären Flugzeuge mit 40 Tonnen, versichert Pestel. In etwa so schwer sei eine Transall-Transportmaschine der Bundeswehr, die hier mit Sondergenehmigung auch schon gelandet sei.
Ansonsten ist Strausberg die Heimat von Sportfliegern und das Ziel von Geschäftsfliegern. Rund 43 000 Flugbewegungen, also Starts oder Landungen, hat es 2015 gegeben. Dafür wird eine Gebühr fällig. Aber die macht sich in der Bilanz der Strausberger Flugplatz GmbH kaum bemerkbar. Die Einnahmen stammen größtenteils aus der Vermietung von Hangar-Stellplätzen und aus der Verpachtung von Gewerbeflächen. Doch auch das reicht nicht aus. Flugplätze, die kostendeckend oder sogar gewinnbringend arbeiten, gibt es in Deutschland nur sehr wenige. Die Strausberger Flugplatz GmbH ist da keine Ausnahme von der Regel, benötigt konkret etwa 250 000 Euro Zuschuss im Jahr. Die GmbH ist eine Tochterfirma des kommunalen Verkehrsunternehmens Strausberger Eisenbahn. Die Stadt bekenne sich zur Subventionierung, weil der Flugplatz einen Standortvorteil biete, sagt Pestel. Einen Aufschwung für seinen Betrieb erhofft er sich von der Eröffnung des BER, wenn dies denn endlich einmal klappen sollte. Denn der BER sei erkennbar zu klein dimensioniert und werde Schwierigkeiten haben, in dem Maße Geschäftsflieger zu bedienen, wie das gegenwärtig in Schönefeld der Fall sei. Die werden dann wohl auf die Flugplätze Strausberg und Schönhagen ausweichen.
Schon heute schätzen Geschäftsflieger, dass auf Verkehrslandeplätzen wie in Strausberg alles so schnell und unkompliziert geht, erklärt der 48-Jährige. Sie benötigen hier keine Landeerlaubnis, melden sich nur fünf Minuten vor der Ankunft per Funk, erhalten dann vom Tower Informationen etwa über die Windverhältnisse und setzen dann auf, können sich vom Flugplatz ein Auto mieten oder ein Taxi rufen lassen. Auch Medikamente für Krankenhäuser kommen in Strausberg an und werden fix umgeladen, beispielsweise radioaktive Mittel für die Krebstherapie, die schnell zerfallen und deshalb nicht über weite Strecken transportiert werden können.
Im Jahr 1927 ging es am Ort los mit der Luftfahrt, zunächst mit Segelflugzeugen. In der Nazizeit und in der DDR war der Flugplatz dann ein Militärflugplatz und erst 1992 kehrte die zivile Luftfahrt hierher zurück. Neben einer Betonpiste gibt es zusätzlich noch eine Grasbahn, beide im Moment 1200 Meter lang. Gern würde Michael Pestel die Bahnen verlängert haben. Der Ausbau würde passen zur bereits beantragten Genehmigung für den regulären Start von Maschinen bis 14 Tonnen. Auch ein Instrumentenlandesystem hätte Pestel gern, denn noch muss der Flugplatz auf Sicht angeflogen werden und dies ist bei schlechtem Wetter schwierig und im Extremfall ausgeschlossen.
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