1470 Euro für eine Zaundemo

Die Nuklearfirma Eckert & Ziegler will von einer Braunschweiger Bürgerinitiative Schadenersatz

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
In Braunschweig stellt Eckert & Ziegler radioaktive Produkte für die Medizin her. Das Betriebsgelände grenzt an ein Wohngebiet samt Schule und Kindergarten.

Eine Schadensersatzklage der Braunschweiger Nuklearfirma Eckert & Ziegler gegen fünf Umweltaktivisten beschäftigt derzeit die Justiz. Anlass ist eine Demonstration von Mitgliedern der Braunschweiger Bürgerinitiative Strahlenschutz (BISS) im Juni 2015 gegen den Bau eines neuen Zauns um das Firmengelände. Aus Sicht von Eckert & Ziegler hatten die Demonstranten das Vorhaben verzögert, dadurch sei dem Unternehmen Schaden entstanden. Der Streitwert in dem Verfahren ist mit 1470 Euro beziffert. Ein erster Verhandlungstermin vor dem Braunschweiger Amtsgericht endete am Donnerstag ohne Urteil, weil die BISS den vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich ablehnte.

Eckert & Ziegler stellt am Standort Braunschweig radioaktive Produkte für die Medizin her, zum Beispiel Substanzen für radiologische Untersuchungen und Strahlenquellen für Krebstherapien. Ein zweiter Geschäftszweig ist die Konditionierung von Atommüll, also die Behandlung und Verpackung der Abfälle für eine spätere Zwischen- oder Endlagerung. Das Betriebsgelände im Stadtteil Thune grenzt an ein Wohngebiet, auch eine Schule und ein Kindergarten liegen in unmittelbarer Nähe.

Das Unternehmen, dessen Mitbegründer Jürgen Ziegler früher im Zentralinstitut für Isotopentechnik der DDR beschäftigt war, will den Bereich der Atommüllkonditionierung ausweiten. Firmenchef Andreas Eckert soll gegenüber Aktionären über Pläne gesprochen haben, im Zuge von Rückbauten in großem Maßstab ins Atommüllgeschäft einzusteigen - offiziell wird dies aber dementiert. Unstrittig ist indes, dass Eckert & Ziegler Interesse bekundet hat, die aus dem havarierten Atommülllager Asse zu bergenden Abfälle zu konditionieren.

Nach Angaben der BISS haben private Messungen am Zaun der Firma hohe Strahlungswerte ergeben. Die zulässigen Grenzwerte seien nur deshalb nicht überschritten worden, weil von einer Sonderregelung Gebrauch gemacht werde. Das niedersächsische Umweltministerium kündigte kürzlich an, die Überwachung der Strahlenbelastung rund um das Betriebsgelände zu erweitern.

Der Bau eines neuen Zaunes im vergangenen Sommer war nach Auffassung der BISS und anderer Initiativen zumindest teilweise illegal. Er sei höher errichtet worden, als es ohne Baugenehmigung zulässig gewesen sei. Eckert & Ziegler habe die bereits errichteten Teile des Zaunes später auch zurückbauen müssen, sagt BISS-Sprecher Peter Meyer. Die Proteste der Bürger hätten dem Unternehmen somit sogar Kosten für den Rückbau von schätzungsweise über 10 000 Euro erspart. Meyer verweist zudem darauf, dass ein Strafverfahren in der Sache inzwischen eingestellt wurde.

Ein zweites Argument der Aktivisten gegen den Zaunbau erscheint weniger stichhaltig. Der Zaun umfasse auch Teile des Geländes, die nach dem gültigen Bebauungsplan nicht hätten bebaut werden dürften, so die BISS. Allerdings war der Plan zum Zeitpunkt der Demonstration noch gar nicht in Kraft, sondern erst Ende des Jahres. In der Schadensersatzklage sehen Meyer und seine Mitstreiter ohnehin den Versuch, den Protest gegen Eckert & Ziegler einzuschüchtern.

Das Unternehmen kritisiert hingegen das Vorgehen der Bürgerinitiative als »Strategie der Prozesshanselei«. Eckert & Ziegler habe zu Standortfragen »freiwillige Vereinbarungen« angeboten, so Firmensprecher Klaus Kocks auf nd-Anfrage. Die BISS wolle offensichtlich aber den Weg über die Gerichte gehen: »Wenn die das unbedingt so wollen, werden wir dem folgen.« Das Amtsgericht Braunschweig hat für den 8. Mai einen weiteren Verhandlungstermin anberaumt.

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