Abschottung und Abschiebung
Immer weniger Flüchtlinge kommen in Deutschland an, mehr müssen gehen
Berlin. Die Schließung der Balkanroute hält Flüchtlinge von Deutschland fern. Nun stecken sie unter katastrophalen Bedingungen in Griechenland fest. Im März wurden nur noch 20 000 Zuwanderer registriert, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin bekanntgab. Noch im Dezember waren es sechsmal so viele gewesen. Allerdings erwartet der Innenminister einen großen Andrang von Fliehenden aus Afrika. De Maizière schätzt, dass mehr als 200 000 Schutzsuchende in Libyen auf eine Überfahrt nach Europa warten. Auch deshalb warnt er vor dem Abbau der Erstaufnahmekapazitäten in den Bundesländern. Man sei gut beraten, derzeit nicht benötigte Einrichtungen nur stillzulegen, um sie notfalls reaktivieren zu können.
Kanzlerin Angela Merkel sieht mit den sinkenden Flüchtlingszahlen den Schwerpunkt nun bei der Integration der in Deutschland aufgenommenen Menschen, wie sie vor Flüchtlingshelfern am Freitag sagte. Dafür müssen allerdings die Integrationskurse ausgebaut werden. Laut Frank-Jürgen Weise, Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, reicht das Angebot derzeit nur für 290 000 Flüchtlinge, ersten Schätzungen zufolge werden Kurse für 500 000 Menschen gebraucht.
Währendessen hat Deutschland erstmals 24 Tunesier anhand des mit der Regierung in Tunis ausgehandelten erleichterten Abschiebeverfahrens ausgeflogen. Auch Griechenland setzt Abschiebungen in die Türkei fort, nachdem sie unter der Woche kurzzeitig ausgesetzt waren.
Amnesty International kritisierte derweil die menschenunwürdigen Zustände in den Lagern Griechenlands. Für de Maizière offenbar alles kein Problem: »Auch wenn wir jetzt einige Wochen ein paar harte Bilder aushalten müssen, unser Ansatz ist richtig.« nd/Agenturen Seiten 2, 7 und 13
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.