Nationaler Schiffbruch

Noch immer ist der Untergang der »Sewol« vor Südkorea nicht aufgeklärt - und die Behörden zeigen wenig Eifer

  • Felix Lill, Seoul
  • Lesedauer: ca. 7.5 Min.

Zwei Jahre sind vergangen, seit die Republik (Süd)-Korea mit einem Schiffsuntergang und 304 Toten eine nationale Katastrophe erlebte. Weil die Ursachen ungeklärt sind, trauen viele den Eliten nicht mehr.

Lee Geun-hee kann nicht mehr warten. »Wenn das noch lange so weitergeht«, sagt die kurzhaarige Frau mit zittriger Stimme, »geh‘ ich auch noch vor die Hunde.« Nach all den Kämpfen verlassen sie allmählich die Kräfte. Zuerst kam Bluthochdruck, jetzt plagt sie Diabetes, seit Wochen liegt Lee Geun-hee in der Klinik. Mit dem Arm am Tropf, gehüllt in ein weißes Patientenkleid, kommen ihr schon wieder die Tränen. »Meine Tochter war meine beste Freundin. Und heute weiß ich nur, dass sie tot ist. Aber gesehen hab’ ich sie noch immer nicht.«

Die eigene Tochter tot zu wissen ist schlimm genug, zumal ihre geliebte Cho-eunha nur 16 Jahre alt wurde. Wie all die anderen Schulkameraden, die von ihrer Klassenreise nicht mehr heimkehrten. Lee Cho-eunha gehört zu neun Opfern, deren Körper bis heute nicht gefunden wurde. Und weil ein Verstorbener nach koreanischem Glauben erst dann Frieden finden kann, wenn er bestattet wurde, erlebt die Mutter Lee Geun-he...


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