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Soll man da rein? Ja!
Casino Royale von Martin Campbell
Soll man für James Bond Geld ausgeben oder nicht? Das heißt, soll man sich an der Refinanzierung der 90 Millionen Euro beteiligen, die er gekostet hat? Kaum gestartet, wird dieses 21. Produkt aus der großen Verwertungskette der Bond-Geschichten schon mit Superlativen belegt und verzeichnet bereits Supereinnahmen. Abstrahieren wir aber für einen kurzen Moment von dieser Blase, schauen wir einfach auf einen Film, um dann Antwort auf die Frage zu finden.
Unsere Welt im 21. Jahrhundert. Im Dschungel irgendwo in Zentralafrika werden riesige Waffengeschäfte abgewickelt. Auf einer Toilette irgenwo in der Welt bringt ein britischer Geheimdienstmann schnell noch irgendwelche zwei Gauner um die Ecke, um seine Lizenz zum Töten zu erhalten. Erst dann kann er richtig beginnen, Jagd zu machen auf »Le Chiffre«, Spion/Killer/Geldwäscher/Drogen-dealer/Terroristenfreund/Demokra-tiefeind/Zocker. Gut gegen Böse. Der Gute ist James Bond. Und er muss auch ganz schön böse sein können, damit er gut sein kann. Er schießt schon mal eine halbe Botschaft zusammen (was seine Auftraggeberin M, die Geheimdienstchefin ihrer Majestät, keineswegs amüsiert). Also muss er schnell einen Jumbojet vor der Sprengung durch Le Chiffres Bomben retten. Was den Superschurken in solche finanziellen Schwierigkeiten bringt, dass er nur noch in einem Superpokerspiel im pittoresken Montenegro Heil finden kann, denn die bösen Neger wollen ihr Geld, das er verzockt. Bond bekommt seinen Spieleinsatz vom britischen Schatzamt. Das sieht atemberaubend aus, ist schön, superklug und schnippisch und heißt im wirklichen Leben Eva Green. Kein Bond-Girl wie die Weiblichkeiten in all den Vorgängerfilmen. Bond ist eher ihr gut gebauter Boy. Verkehrte Welt, warum auch nicht. Die Dialoge der beiden gehören zur gehobenen Drehbuchklasse der Unterhaltungskunst. Sie merken schon, wir tasten uns so langsam an die Beantwortung der Eingangsfrage heran. Alleine schon wegen dieser Schauspielerin lohnt sich ein Filmbesuch. Und wenn wir schon dabei sind, geneigt zu sein, unser Geld für ein Billett auszugeben, darf man ruhig anmerken, dass der neue Bond nicht nur sehr gut gebaut ist, sondern seine Sache auch wirklich bestens macht. Daniel Craig ist nicht nur blond, blauäugig und bizepsbeladen. Er hat Gefühle (schon eigentümlich, dass man das extra anmerken muss), er ist nicht nur Verführer, sondern auch verführbar, er kann rennen, kämpfen, austeilen und einstecken wie ein ganzer Olympiastützpunkt. Das ist nicht irgendso ein Agentenfatzke, der mit ein paar Supertechnikspielzeugen die Weltzerstörer zerstört. Das ist ein Kerl mit sieben Leben. Und er bewegt sich in einer Geschichte, die zwar von der Realität so weit entfernt ist, wie Bahama von den Barrandov-Filmstudios in Prag, die aber spannend ist, bis zum Schluss.
Grande Finale. »Le Chiffre« (eiskalt gespielt von dem brünetten Schweden Matt Mikkelsen) hat Bond in seine Gewalt gebracht. Doch dann wendet sich das Blatt ein weiteres Mal, und ein ganzer venezianischer Palazzo versinkt im Canale Grande. Kino Grande! Völlig unsinnig, völlig überzogen, völlig unwahrscheinlich, aber atemberaubend anzusehen. Wer fragt da noch nach Handlung, wen stört da noch eine Werbekampagne im Vorfeld, wer will das nicht gesehen haben?
Es wurde Zeit, die angestaubte Reliquie des Geheimagenten 007 mit der Lizenz zum Töten aus den Zeiten des Kalten Krieges gründlich zu entstauben. Das ist den Autoren (Neal Purvis, Robert Wade, Paul Higgings) gut gelungen. Nur noch M (alt aber sexy: Judi Dench) trauert noch mal den alten Zeiten hinterher, ertappen wir uns doch auch nicht manchmal noch dabei? Sean Connery hat die unsinnigsten Bond-Geschichten mit seinem Spiel belebt. Das ist längst Kinogeschichte. Die Frage, ob man sich nun den neuen Bond auch wirklich anschauen muss, beantwortet sowieso jeder für sich allein. Meine Empfehlung: Ja. Zu kritteln wird's dann immer noch genug geben. Besse...
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