Mit der Tram von Marburg nach Gießen

Hessischer Umweltaktivist präsentiert neues Konzept

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

Angesichts zunehmender Umweltbelastung und eines Verkehrsinfarkts in den Innenstädten finden Konzepte für einen ehrgeizigen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und innerstädtischer Schienennetze zunehmend ein Echo. So macht jetzt auch in der mittelhessischen Universitätsstadt Marburg ein neuer Plan für eine Regiotram-Verbindung zwischen den mittelhessischen Universitätskliniken Marburg und Gießen die Runde.

Ein erstes Konzept hat der ehemalige Gießener Verkehrskoordinator, Umweltaktivist und Grünen-Mitglied Reinhard Bayer in der jüngst von linken Kommunal- und Verkehrspolitikern herausgegebenen Broschüre »Stadt, Lahn, Autowahn. Marburg und die B3a. Verfehlte Verkehrspolitik und Alternativen« vorgelegt. Ausgangspunkt für Bayers Papier ist die Tatsache, dass die beiden Kliniken in Marburg und Gießen als große regionale Arbeitgeber ebenso wie die benachbarten Universitätsgebäude täglich viele tausend Beschäftigte, Patienten und Studierende anziehen und dringend eine bessere öffentliche Verkehrsanbindung benötigen.

Eine von Bayer angedachte Regiotram zwischen beiden Klinikstandorten würde zum großen Teil die etwa 30 Kilometer lange zweigleisige Bahntrasse zwischen beiden Hauptbahnhöfen befahren. Für die letzten beziehungsweise ersten Kilometer müssten Ausfädelungen und neue Trassen gebaut werden, deren mögliche Varianten Bayer in seinem Papier skizziert.

In Marburg befinden sich Uniklinikum und naturwissenschaftliche Universitätsbereiche auf den Lahnbergen, einem Hügelzug hoch über dem Lahntal im Osten der Stadt. Weil die Busverbindungen an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind, hatten die örtlichen Grünen schon vor Jahren die durchaus reizvolle Idee einer direkten und schnellen Seilbahnverbindung von der Innenstadt auf die Lahnberge ins Gespräch gebracht.

Für Bayer ist eine solche Insellösung jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss, weil sie nur die Innenstadt anbindet und im Gegensatz zu einer Regiotram nicht mit regionalen Bahn- und Buslinien verknüpft wäre. Genau dies sei jedoch nötig, weil mindestens die Hälfte der auf den Lahnbergen arbeitenden und studierenden Menschen täglich aus dem Umland Marburgs anreise, so der Verkehrsplaner. Sein Konzept sieht einen Taktverkehr mit Stopps an sieben Haltepunkten zwischen den beiden Hauptbahnhöfen sowie an sieben neuen Haltestellen in Marburg und Gießen vor.

Für Bayers naheliegendes Konzept eines regionalen Schienenverkehrsmittels, das klassische Gleise befährt und abseits davon als Stadt- oder Straßenbahn Innenstadtbereiche erschließt, gibt es bundesweite Vorbilder. So etwa die Kasseler RegioTram und die Karlsruher Stadtbahn. Letztere wurde seit dem Jahr 1993 erheblich ausgebaut und betreibt mittlerweile ein Netz von über 500 Kilometer bis weit in das Umland hinein.

Teile der in Kassel für den Schienenausbau eingesetzten Landesmittel waren um die Jahrtausendwende ursprünglich für ein Stadtbahnsystem mit Wiederinbetriebnahme einer regionalen Bahntrasse in der Landeshauptstadt Wiesbaden vorgesehen und bewilligt. Die Realisierung wurde hier nach der Kommunalwahl 2001 jedoch von einer Mehrheit aus CDU, FDP und Republikanern jäh ausgebremst. Somit bleibt Wiesbaden mit seinen knapp 280 000 Einwohnern die größte deutsche Stadt ohne innerstädtisches Straßen- und Stadtbahnsystem.

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