Clinton und Trump kurz vorm Ziel
Mit Siegen bei den Vorwahlen in New York bauten Clinton und Trump ihre Vorsprünge aus
Donald Trump hat im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur bei den Vorwahlen der USA-Republikaner in dem Ostküstenstaat mit über 60 Prozent deutlich gewonnen. Damit bekommt er fast alle Parteidelegierten von New York zugesprochen. Seine Rivalen John Kasich, der 24 Prozent erhielt, und Ted Cruz mit 14 Prozent ließ er weit hinter sich. »Es ist unmöglich, uns einzuholen«, sagte der 69-jährige rechtsgerichtete New Yor-ker Immobilienmogul. Nach einer Reihe von Skandalen und Niederlagen der letzten Wochen sieht es wieder so aus, als sei er nicht mehr aufzuhalten.
Bei den Demokraten baute die führende Hillary Clinton ihren Vorsprung auf den demokratischen Sozialisten Bernie Sanders ebenfalls aus. Der hatte in den vergangenen neun Vorwahlen acht mehrheitlich für sich entscheiden können, büßte die Schubkraft, die er aus seinen Siegen gezogen hatte, am Dienstag aber deutlich ein. Clinton ließ ihn mit gut 15 Prozent Abstand weit hinter sich. Sie gab sich auf ihrer Wahlparty mit Blick auf die Kür zur Parteikandidatin selbstsicher und sagte: »Das Rennen für die demokratische Präsidentschaftskandidatur ist auf der Zielgeraden, und der Sieg ist in Sicht.«
Die Demoskopen geben ihr recht. Denn da die mathematische Wahrscheinlichkeit, die für die Nominierung notwendigen Delegierten zu verfehlen, für sie seit Dienstag noch geringer geworden ist, müsste Sanders, um auf Clinton wenigstens aufzuschließen, 59 Prozent aller noch verfügbaren Delegierten für sich gewinnen. Für die Vorwahlstaaten mit einer Vielzahl von Delegiertenstimmen hieße dies, dass er innerhalb kürzester Zeit im Durchschnitt zwischen 20 und 30 Prozent aufholen müsste. In Pennsylvania, wo er laut Umfragen 14 Prozent zurückliegt, müsste er am kommenden Dienstag mit mindestens zehn Prozent Vorsprung gewinnen.
In Maryland liegt er mit 23 Prozent, in New Jersey mit neun Prozent, und im delegiertenreichsten Bundesstaat Kalifornien mit 15 Prozent hinter Clinton. Er müsste überall »kleine Wunder« hinlegen, wie der Demoskop Harry Enten meint. In dieser Rechnung noch nicht inbegriffen sind dabei noch nicht einmal die »Superdelegierten«, die formal nicht gebunden sind, aber mit überwältigender Mehrheit Clinton ihre Unterstützung zugesagt haben.
Ein Großteil der Wahlniederlage für das Sanders-Lager ist der mächtigen »Clinton-Maschine« zuzuschreiben. Hillary Clinton, die New York acht Jahre lang als Senatorin vertrat und eine Fahrstunde von der Stadt in Upstate lebt, hatten schon vor Monaten Parteifunktionäre der Demokraten, Medien, Verbände und Gewerkschaften ihre Loyalität zugesagt. Zu Clintons Gunsten wirkten auch »Unregelmäßigkeiten« beim Wahlgang. So beschwerten sich beispielsweise viele jüngere Bürger und Erstwähler in Brooklyn, die zugezogen waren, dass sie in den Wahllisten nicht aufgeführt waren. Einen Anteil hatten aber auch selbst verschuldete politische Ausrutscher und Rückzieher, die sich das Sanders-Lager leistete - und die die Clinton-freundlichen Medien genüsslich ausbreiteten. In der »Daily News« konnte Sanders beispielsweise keine konkrete Antwort auf die Frage geben, wie er - eines seiner Hauptthemen - die Macht der Banken brechen wolle. Das verpatzte Interview verschickte das Clinton-Lager daraufhin millionenfach an Unterstützer.
In die Quere kam Sanders sein in einer Wahlkampfrede geäußertes Urteil, er halte Clinton als Präsidentin für »nicht qualifiziert«. Erst Tage später ruderte Sanders zurück, er habe nicht ihre Qualifikation, sondern ihre Urteilskraft in Frage gestellt. Ein weiterer Autsch-Moment, der vor allem Frauen abstieß, war bei einer Kundgebung mitten in Manhattan ein Vorredner von Sanders, der vor 30 000 Menschen über »konzernfreundliche Demokratenhuren« herzog. Kurz darauf stellte sich der zweitägige Besuch von Sanders im Vatikan beim Papst als zeitliche Fehlkalkulation heraus. Denn Sanders' plötzliche Abreise nach Rom wenige Tage vor dem Wahlgang war nicht nachzuvollziehen.
Darüberhinaus erfuhren die New Yorker Genaueres von Sanders' Papstvisite erst, als er schon wieder in New York war. Und schließlich sagte der US-weit bekannte afroamerikanische Aktivist Al Sharpton ein Treffen mit Sanders ab. Dabei hätte er die Unterstützung des Bürgerrechtlers gebraucht, um Clinton in der afroamerikanischen Community doch noch Stimmen abzuluchsen.
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