BER-Termin wackelt kräftig
Aufsichtsrat trat am Morgen zusammen / Einhalten des Zeitplans scheint kaum noch möglich
Die Zeit für die geplante Fertigstellung des Hauptstadtflughafens BER zerrinnt der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) zwischen den Fingern. Noch immer stehen wichtige Genehmigungen des zuständigen Bauordnungsamtes Dahme-Spreewald für die Entrauchungsanlage aus. Am frühen Freitagmorgen trat der Aufsichtsrat des Flughafens zusammen, um sich vom Chef der Flughafengesellschaft, Karsten Mühlenfeld, über den Stand der Dinge informieren zu lassen. Laut Medienberichten wurde für Freitag keine konkrete Entscheidung zu einem Eröffnungstermin erwartet, die Probleme scheinen aber immer größer zu werden.
»Es wird eng, das wissen sie ja«, sagte der Flughafenkoordinator der Senatskanzlei, Engelbert Lütke Daldrup, vor Beginn der Sitzung. Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Krüger, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus, sagte: »Ich glaube, da gibt es heute keine Entscheidung. Das wäre auch unvernünftig.« Der Verkehrsstaatssekretär des Bundes, Rainer Bomba (CDU), sagte nur: »Schau'n wir mal, was der Chef heute sagt.« Flughafen-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld werde eine Fülle von Informationen vorlegen. »Wir sind alle gespannt.«
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), schließt unterdessen nicht aus, dass der Flughafen doch erst 2018 an den Start gehen kann. »Ich glaube nicht, dass es eine entscheidende Frage ist, ob wir Ende 2017 oder vier Wochen später eröffnen«, sagte der Aufsichtsratschef der »Berliner Zeitung«. Wie Müller lenkte sein Koordinator das Augenmerk am Freitag auf die Behörden in Brandenburg. »Gucken wir mal, wie Brandenburg vorankommt«, sagte Lütke Daldrup.
Sollte das Bauordnungsamt Dahme-Spreewald weiter die Genehmigung für die komplexe Entrauchungsanlage verweigern, würde der gesamte Zeitplan inklusive der nötigen Testphasen für die Flughafenkomponenten ins Rutschen geraten. Die einst eingebauten Puffer zur Fertigstellung sind offenbar aufgebracht. Dafür gab es verschiedene Gründe, unter anderem ging mit Imtech ein wichtiges Unternehmen in der Zwischenzeit Pleite.
Experten wie Dieter Faulenbach da Costa befürchten deshalb, dass der Flughafen aufgrund der nötigen Tests erst 2019 eröffnen könnte.
Eine erneute Verschiebung hätte auch massive finanzielle Auswirkungen. Schon jetzt stiegen die Kosten laut Angaben von Flughafenkritikern auf fast 4,7 Milliarden Euro. Die Europäische Union hatten die Kosten unlängst auf 6,5 Milliarden Euro begrenzt. Ursprünglich sollte das Bauprojekt 1,7 Milliarden Euro kosten.
»Eine weitere Verschiebung der Eröffnung birgt enorme Risiken für den Bundeshaushalt«, warnte der Haushaltsexperte der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler. Jeder Tag Verzögerung belaste die öffentlichen Haushalte mit einer Million Euro, sagte Kindler. Die Kostensteigerungen gingen »zulasten anderer Verkehrsträger«.
Aus Sicht der Berliner IHK kommt es nicht darauf an, ob der Flughafen im Herbst 2017 oder im Frühjahr 2018 eröffnet. »Wir warten seit 1990 auf den Flughafen«, sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter im »RBB-Inforadio«. Wichtiger seien die Weichenstellungen für die Kapazitätserweiterungen über 2023 hinaus. Der derzeitige Flughafen-Geschäftsführer Mühlenfeld ist laut Wiesenhütter der »richtige Mann, am richtigen Platz, zur richtigen Zeit«.
Der nach Frankfurt und München drittgrößte deutsche Flughafen sollte eigentlich 2011 in Betrieb gehen. Vier Eröffnungstermine sind bereits geplatzt, weil die Brandschutzanlage nicht funktionierte und andere Mängel im Abfertigungsgebäude zu Tage traten.
Thema des Aufsichtsrats ist auch der Konflikt zwischen der Flughafengesellschaft und ihrem Anteilseigner, dem Bund, um den Standort des künftigen Regierungsflughafens auf dem Areal des neuen Großflughafens. Bomba sagte: »Es gibt noch ein paar Fragen zu klären, aber da bin ich ziemlich entspannt.« Am Donnerstag habe eine Staatssekretärsrunde dazu getagt. (mit dpa)
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