Ludwig soll neuer Justizminister in Brandenburg werden
Landesvorstand schlägt Landtagsabgeordnete Stefan Ludwig (LINKE) einstimmig für Posten vor / Gysi lehnte Angebot zuvor ab
Ungeschickt. Das Wort trifft es. Erst verliert die brandenburgische LINKE ihren Justizminister Helmuth Markov, obwohl der Rücktritt vermeidbar gewesen wäre. Dann wirkt es am Dienstagabend so, als sei der jetzt als neuer Justizminister vorgesehene Landtagsabgeordnete Stefan Ludwig eine Notlösung – auf die nur zurückgegriffen wird, weil Gregor Gysi und andere abgesagt haben.
Dabei war Ludwig gleich zu Beginn der parteiinternen Überlegungen über eine Nachfolgeregelung in der engeren Auswahl. Am Dienstagabend sprach sich der Landesvorstand einstimmig dafür aus, Ludwig zum Justizminister zu machen. Bereits am Donnerstag könnte er von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ernannt und im Landtag vereidigt werden.
Die Personalie dürfte eigentlich keine Überraschung sein. Schließlich springt die fachliche Qualifikation des Wirtschaftsrechtlers ins Auge, und seine politische Erfahrung spricht für ihn. Immerhin hat Ludwig acht Jahre lang, von 2002 bis 2009, als Bürgermeister der Stadt Königs Wusterhausen unter Beweis gestellt, dass er eine Verwaltung zu führen versteht. Deshalb war er bereits 2009 als Minister für verschiedene Ressorts im Gespräch. Mit der Bitte, man brauche ihn in Potsdam, wurde Ludwig damals aus Königs Wusterhausen weggelockt und wieder für den Landtag nominiert.
LINKE-Landeschef Christian Görke hob am Dienstagabend hervor, dass Ludwig »als Jurist und verlässlicher Partner die erste Wahl« gewesen sei. Ludwig kenne sich »durch seine jahrelange Abgeordnetentätigkeit« bestens in der Justiz, aber auch mit Verwaltungsabläufen aus. »Er hat sich im ganzen Land einen guten Namen gemacht«, sagte Görke.
Ludwig kündigte an, die Politik seines Vorgängers weiterführen zu wollen. »Wir haben uns in Brandenburg für mehr Richter eingesetzt, nun sollen Rechtspfleger sowie Geschäftsstellenmitarbeiter folgen«, sagte er. »Ich setze mich dafür ein, die Gerichtsstandorte in der Fläche zu erhalten, um überall im Land Ansprechbarkeit für die Bürger zu gewährleisten.« Außerdem möchte Ludwig im Verbraucherschutz und und in der Europapolitik Akzente setzen. Diese Bereiche gehören zum Justizressort.
Als Landesvorsitzender hat sich Ludwig zwar nicht bewährt. So souverän und erfolgreich er als Rathauschef gearbeitet hatte, so glücklos agierte er an der Spitze der Landespartei. Er redete als Parteivorsitzender meist hölzern, konnte selten Begeisterung wecken, ließ sich von schlechten Ratgebern hineinreden, hatte selbst aber auch keine besseren Ideen. Charismatisch mag er nie gewesen sein, aber hier wirkte er besonders farblos. Eine bunte Krawatte half da auch nicht mehr. Nach zwei Jahren ging es mit Ludwig als Landesparteichef einfach nicht mehr weiter. Kein Landesvorsitzender hatte bis dahin den Landesverband weniger überzeugend geführt.
Doch dieses Scheitern bedeutet gar nichts im Hinblick auf die neue Aufgabe, so wie das auch andere Karrieren langfristig nicht hemmte. Als Justizminister könnte der Verwaltungsexperte Ludwig wieder in seinem Element sein, obwohl er Esprit vermissen lässt. Auch Anita Tack ist einst als Landesvorsitzende abgelöst worden und war hernach von 2009 bis 2014 Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Ebenso hat Ralf Christoffers, der Anita Tack als Landesvorsitzende in einer Kampfabstimmung verdrängte und den Posten 2004 selbst aufgeben musste, von 2009 bis 2014 dem rot-roten Kabinett angehört – als Wirtschaftsminister.
Außerdem war Helmuth Markov in den frühen 1990er Jahren kurzzeitig Landesvorsitzender und wurde 2009 Minister. Zurückgetreten ist Markov am Freitag wegen einer Dienstwagenaffäre, die den Namen kaum verdient. Der Politiker hatte, wie jetzt erst am 15. April bekannt wurde, im Juni 2010 einen Kastenwagen aus dem Fuhrpark des Landes genommen, um an einem Wochenende privat ein Oldtimermotorrad vom Typ RT 125 in eine Werkstatt nach Leipzig zu transportieren. Kostenpunkt: 435,30 Euro. Ob er das wirklich nicht gedurft hätte, darüber besteht bis heute keine Einigkeit. Die CDU sieht einen klaren Rechtsverstoß, während Linksfraktionschef Ralf Christoffers die gegenteilige Ansicht teilt, Markov habe die Richtlinie für die Benutzung von Dienstwagen korrekt ausgelegt. Der Vorwurf, Markov habe sich persönlich bereichern wollen, sei »absurd«, meinte Christoffers.
Als Justizminister muss Stefan Ludwig nach den geltenden Regularien seiner Partei zur Trennung von Amt und Mandat seinen Sitz im Landtag aufgeben. Nachrücken würde Bettina Fortunato, die Kreisvorsitzende in Märkisch-Oderland, die im Moment noch für den Bundestagsabgeordneten Thomas Nord arbeitet, aber bis zur Wahl 2014 schon einmal im Landtag gewesen ist.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.