Sperrwerk mit Nebenwirkungen
Der neue Sturmflutschutz für Greifswald ist nun in Betrieb, doch die Freude ist getrübt
Nach rund fünf Jahren Bauzeit wurde am Mittwoch das Sperrwerk in Greifswald in Betrieb genommen. Das Küstenschutzbauwerk soll die Stadt vor Überflutungen schützen. Bei einem schweren Sturmhochwasser riegelt es den Fluss Ryk vom Greifswalder Bodden ab. Dies sei Küstenschutz der Superlative, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD).
Ursprünglich sollte das Sperrwerk bereits 2013 in Betrieb gehen. Der Bau war aber von technischen Pannen und Verzögerungen begleitet. Die Kosten belaufen sich nach Angaben des Umweltministeriums auf rund 32 Millionen Euro, das sind rund vier Millionen Euro mehr als beim Baustart 2011 angegeben. Insgesamt wurden 40 Millionen Euro in das Sturmflutsystem investiert, das Geld floß auch in ein 2,3 Kilometer langes Deichsystem.
Der millionenschwere Ausbau des Stadthafens in Waren an der Müritz wird teurer als bisher geplant.
Die Kosten steigen um 1,6 Millionen auf insgesamt knapp zehn Millionen Euro, erklärte Bürgermeister Norbert Möller (SPD) auf einer Informationsveranstaltung. Gründe seien komplizierte Gründungen im Hafen und zusätzliche Leistungen. Das Land habe aber signalisiert, dass es Mehrkosten mit bis zu 80 Prozent mittragen wolle.
Der Ausbau war nötig, weil mehr Platz gebraucht wurde und die alten schwimmenden Molen verschlissen waren. Gebaut wurden zwei 140 und 80 Meter lange feste Molen. Waren gilt als touristisches Zentrum der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Kapazität des Hafens soll um 70 auf etwa 250 Liegeplätze steigen. Nach jetzigem Stand soll der Bau wie geplant im Oktober fertig sein. dpa/nd
Nach einer Studie der Universität Karlsruhe sind bei einer schweren Sturmflut rund 40 Prozent des Stadtgebietes von Greifswald überflutungsgefährdet. Schätzungen zufolge könnte der Bau ein Schadenspotenzial von 300 Millionen Euro in und um Greifswald verhindern. Das Sperrwerk ist das derzeit größte Küstenschutzvorhaben in Mecklenburg-Vorpommern.
Zunächst gab es Diskussionen um das Aussehen des dominanten Bauwerks im bei Touristen beliebten Greifswalder Ortsteil Wieck. Dann wurden keine geeigneten Ausgleichsflächen für den Eingriff in die Natur gefunden. Die erste Bauausschreibung musste wegen der Klage einer Baufirma neu aufgerollt werden.
Schließlich sorgten auch technische Probleme beim Bau für Verzögerungen. So stellte sich heraus, dass Düsen auf der Bodenplatte die Durchfahrt für Schiffe beschränkten und der Traditionssegler »Greif« seinen Heimathafen nicht mehr anfahren kann. Die Düsen sollen nach Angaben des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt nun im Herbst gekippt werden, um eine Tiefe von 3,95 Meter zu erreichen. Ursprünglich sollte das Sperrwerk eine Sohltiefe von vier Meter haben. Das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) Stralsund habe der Stadt mitgeteilt, dass die »Greif« ihren Heimathafen nie wieder verlässlich erreichen werde, sagte der Leiter der Behörde, Holger Brydda. Die Stadt will den Liegeplatz für das Schiff nun vor dem Sperrwerk einrichten. Wegen einer zusätzlichen Versandung des Flusses Ryck vor dem Sperrwerk legte das WSA die Durchfahrtstiefe auf aktuell 2,80 Meter fest, so dass Schiffe des Greifswalder Jachtenbauers HanseYachts derzeit nur mit Sondergenehmigung den Ryck passieren können. HanseYachts hat mehr als 600 Beschäftigte in Greifswald, dort werden zunehmend größere Jachten mit einem Tiefgang von bis zu 3,10 Meter gebaut.
Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte soll der Ryck auf mehrere Kilometer Länge bis zum HanseYachts-Gelände auf vier Meter vertieft werden. Voraussetzung für die Baggerung sei eine Kosten-/Nutzenberechung, die bislang noch nicht abgeschlossen sei. Die Kosten für die Ausbaggerung würde der Bund übernehmen.
Das WSA schließt aus, dass die Versandung mit dem Bau des Sperrwerks im Zusammenhang steht, wie Brydda sagte. Die Versandung sei die Folge davon, dass seit 15 Jahren nicht mehr gebaggert worden sei. dpa/nd
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