»Wir werden die Nazis aufhalten«
Antifaschistisches Bündnis rechnet mit breiten Protesten gegen rechten Aufmarsch
Am 7. Mai organisiert »Wir für Deutschland« eine zweite Großdemonstration in Berlin. Was sind das für Leute?
»Wir für Deutschland« ist aus dem klassischen Nazi-Spektrum entstanden. Gegründet wurde die Initiative von Enrico Stubbe, rechter Hooligan und im Vorstand der rechtsradikalen Partei »Pro Deutschland«. Stubbe plant, etwas Größeres aufzuziehen.
Das ist ihm am 12. März mit der ersten Demonstration »Merkel muss weg!« wohl gelungen.
Leider. Es kamen 2000 Teilnehmer. Stubbes große Facebook-Mobilisierung war recht erfolgreich.
Wer ist Stubbes Aufruf gefolgt?
Wir haben Nazis aus der NPD und aus den Freien Kameradschaften gesehen, aber auch viele Menschen aus dem Umfeld der »Alternative für Deutschland«. Dazu kommt eine Klientel, die sich »besorgte Bürger« nennt, das sind rechte Bürgerwehren, insbesondere aus Brandenburg.
Die AfD selbst ruft jedoch nicht auf. Wieso?
Aufgrund der bevorstehenden Wahlen in Berlin hält sich die AfD bisher aus diesen Demonstrationen zurück. Aber es gibt große Überschneidungen zwischen dem »Pro Deutschland«- und dem AfD-Spektrum.
Die Proteste gegen den rechten Aufmarsch sind im März relativ klein geblieben. Wie kommt das?
Leider haben viele linke Gruppen die Lage falsch eingeschätzt. Aber der 12. März war ein Wachrüttler.
Ist der klassische Antifa-Gegenprotest noch eine passende Antwort auf das wachsende rechte Spektrum rund um die AfD?
So sehr hat sich die Rechte nun auch nicht gewandelt. Wenn man sich anschaut, wer bei den »Identitären«, bei »Wir für Deutschland« beteiligt ist, stößt man schnell auf einschlägige Nazis.
Die AfD kommt auch bei vielen bürgerlichen Protestwählern gut an.
Die AfD gibt Antworten, die einfach erscheinen, aber falsch sind. Sie bietet keine sozialen Lösungen.
Sie fordert eine Mindestrente.
Für die sie kein Finanzierungskonzept hat, das ist reiner Populismus. Natürlich reichen Blockaden nicht aus im Kampf gegen Rechts. Die Linke muss ihre politisch fundierten und richtigen Ansätze zur Lösung der sozialen Frage stärker machen.
Soziale Frage, was heißt das?
Die Frage, wie wir zusammen leben wollen. Dafür haben wir Linke eine Antwort: solidarisch.
Klingt einfach.
Linke müssen ihre Politik einfacher formulieren und sich dabei nationalen Lösungen deutlich entgegenstellen. In Marzahn habe ich linke Veranstaltungen zum Thema Nationalismus besucht. Es waren viele Anwohner da, mit denen es konstruktive Debatten gab. Dabei wurde klar: Klärungsbedarf gibt es, und die Menschen sind bereit zu einer Auseinandersetzung. Aber wir müssen lernen, besser zu kommunizieren.
Wird dann auch die Antifa wieder wachsen?
Nach dem Erfolg der antifaschistischen Blockaden gegen den Naziaufmarsch in Dresden zogen sich die Nazis erst einmal zurück. Darauf hat sich die Antifa zu lange ausgeruht.
Wie viele Menschen werden diesmal gegen Rechts demonstrieren?
Jetzt wird breit mobilisiert, der DGB ruft zu den Protesten auf, ebenso die Grünen, die LINKE, die Piraten, Teile der SPD, viele Antifa-Initiativen, auch die Berliner Clubszene. Unser Ziel ist, mehr zu werden als die Nazis. Wir erwarten mindestens 6000 Demonstranten.
Inwiefern mobilisieren Sie die Clubszene?
Es gibt einen Party-Truck, auf dem bekannte DJs aus Berliner Clubs auflegen.
Eine Party-Demonstration?
Unser Hauptziel bleibt es, die Nazis aufzuhalten. Dafür werden wir in Hör- und Sichtweite demonstrieren. Die Polizei hat jedoch einen Teil unserer Route verboten. Wir behalten uns vor, dagegen zu klagen.
Sind Blockaden geplant?
Blockaden sind nicht das einzige Mittel des zivilen Ungehorsams. Wir werden sehen, was an dem Tag möglich ist. Danach ziehen wir zum Sowjetischen Ehrenmal und feiern den Tag der Befreiung.
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