Rechtsradikale Chemotherapie
Katholischer Priester sorgte mit Hassrede für Debatten
Mit einer bizarren Predigt löste der katholische Priester Jacek Międlar in der Kathedrale von Białystok heftige Diskussionen aus. Seit Jahren gilt die Stadt als das Zentrum der rechtsradikalen Szene in Polen. Da wundert es wenig, dass das Nationalradikale Lager (ONR) ausgerechnet in der 300 000-Einwohner-Stadt seinen 82. Gründungsjahrestag feierte.
Doch für die negativen Schlagzeilen, über die Polen heute debattiert, sorgten nicht die Rechtsradikalen. Auch nicht die Universitätsverwaltung, die ihren ausländischen Studenten angesichts der rechten Aufmärsche empfahl, besser daheim zu bleiben, aber selbst für den Abend Räumlichkeiten an den ONR für ein Konzert vermietete.
Auch die Messe für die ONR-Anhänger in der Kathedrale wäre vielleicht nicht weiter aufgefallen, hätte die Predigt nicht gar so wenig mit der christlichen Nächstenliebe gemein gehabt. In Anlehnung an das Alte Testament verglich der Geistliche das heutige Polen mit der Knechtschaft der Hebräer unter den Ägyptern. Dies war seiner Meinung nach nur deshalb möglich, weil es im hebräischen Volk Verräter gegeben habe. »Wir müssen die Verräter hetzen«, sagte Międlar und bezeichnete den »nationalradikalen Katholizismus als eine Chemotherapie für Polen«. Eine Therapie, die nach Meinung des Priesters auch die Kirche braucht. »Nichts schadete der Kirche so sehr wie die ewige Nachgiebigkeit«, so Międar.
»Das ist ein Tag der Schande für die Kirche«, erklärte darauf Kazimierz Sowa, einer der bekanntesten liberalen Geistlichen in Polen. Nicht lange auf sich warten ließ auch die Reaktion des polnischen Episkopats. Zuerst entschuldigte sich das Bistum Białystok dafür, dass für den ONR in der Kathedrale eine Messe abgehalten wurde, kurz darauf wurden Jacek Międlar durch seine Vorgesetzten alle öffentlichen Auftritte verboten.
Die Debatte über den politischen Radikalismus konnten die Bischöfe dennoch nicht stoppen. Denn Jacek Międlar ist kein Unbekannter. Schon in den vergangenen Monaten fiel der junge Kaplan mehrmals durch Auftritte bei fremdenfeindlichen Demonstrationen auf. Doch zu mehr als einer Strafversetzung von Wrocław in eine kleine Gemeinde in Zakopane konnten sich seine Vorgesetzten bis dahin nicht durchringen.
Wohl auch deshalb, weil Międlar kein Einzelfall ist. In den letzten Jahren gelangten einige Geistliche, die aus ihren nationalistischen Ansichten kein Geheimnis machten, zu einer gewissen Berühmtheit. Priester mit rechten bzw. rechtsradikalen Ansichten, die sich nun öffentlich mit Międlar solidarisieren und sich dabei nicht scheuen, diesen ausgerechnet mit Jerzy Popiełuszko zu vergleichen - jenem Geistlichen, der 1984 wegen seiner regimekritischen Predigten von Mitarbeitern des damaligen Staatssicherheitsdienstes entführt und ermordet wurde.
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