Almosen für Bedürftige
Bildungsrauschen
Der Begriff des Stipendiums hat seinen Ursprung im Lateinischen und bedeutet laut dem Etymologischen Wörterbuch von Wolfgang Pfeifer ursprünglich »Steuer, Tribut, Kontribution, Zoll, Strafe, Beistand, Sold, Löhnung«. Im Spätlatein (2. Jahrhundert bis Ausgang der Antike) wird sie um »Einkünfte« und im Mittellateinischen (6. bis 15. Jahrhundert) um »(finanzielle) Unterstützung« erweitert. Die ursprünglich klassische Bedeutung bezieht sich u.a. auf die im Römischen Reich erhobene Grundsteuer, die auf der »Basis des Grundvermögens« berechnet wurde und als älteste Abgabe gilt. (imperiumromanum.com)
Während sich der Begriff der Einkünfte noch auf den Unterhalt des Lehrers bezog, weist die spätere Deutung bereits auf das heutige Verständnis von Stipendium hin. In der Regel handelt es sich um eine dem Studium oder der Ausbildung dienende finanzielle aber auch ideelle Unterstützung. So bieten Stiftungen auch ein Rahmenprogramm mit Netzwerk- und Bildungsangeboten an. Das neuzeitliche Verständnis von Stipendium entstand im 16. und 17. Jahrhundert. Es bezeichnete die »finanzielle Unterstützung« von »Schülern, Studenten, Wissenschaftlern und Künstlern«, aber auch allgemeiner die »Unterhaltszahlung oder Geldstiftung« sowie das »Wohnheim für bedürftige Schüler, das Alumnat«. Diese Wandlung steckt bereits in der Zusammensetzung des Wortes Stipendium. So besagt dessen Wortteil »stips« so viel wie »Beitrag an Geld, Gabe, Spende, Almosen, Ertrag und Gewinn« und dessen Teil »pendere« so viel wie »abwägen, erwägen, beurteilen, schätzen, bezahlen und leisten«. (Pfeifer)
Eine besondere Form des Stipendiums ist das Messestipendium, unter dem heute die »ausgezeichnete Form des Almosens« verstanden wird. (wikipedia.de) Diese ausschließlich innerhalb der römisch-katholischen Kirche angewandte Zuwendung gilt Geistlichen zur Sicherung ihres Unterhalts. Diese Form der Gabe geht auf einen frühchristlichen Brauch während der Eucharistiefeier zurück. Zu dieser auch als Abendmahl bekannten Feier hat jeder Essen mitgebracht, das untereinander geteilt wurde. Die Reste wurden den Armen, worunter sich auch verarmte Geistliche befanden, als Almosen gereicht.
Bis ins 19. Jahrhundert wurden die Stipendien überwiegend durch die Kirche verwaltet, da viele private Stifter ihr Vermögen den bis dahin hauptsächlich durch Kirchen organisierten Schulen vermacht hatten. Dies änderte sich mit der Säkularisierung der Schulen. Erst in der Weimarer Republik wurde verfassungsrechtlich festgelegt, dass »fähigen Schülern der Zugang zu höheren Schulen durch den Staat ermöglicht werden muss und das finanzielle Unvermögen nicht für den Abbruch der Schulbildung ursächlich sein durfte.« Dieses Recht fand nach 1945 Eingang in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. (documentarchiv.de) Lena Tietgen
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