Verwarnung für Schüsse
Ignorierte Gericht rechten Hintergrund eines Täters?
Die Zahl der Übergriffe auf Geflüchtete und Asylunterkünfte ist in Hessen 2015 sprunghaft angestiegen. Wie das Innenministerium in Wiesbaden diese Woche mitteilte, gab es vergangenes Jahr 67 Straftaten gegen Asylsuchende und damit zehnmal so viele wie 2014. Die Zahlen beruhen im Wesentlichen auf Daten des Bundeskriminalamtes, das Straftaten gegen Geflüchtete seit 2014 gesondert ausweist. Zu den Übergriffen zählen fünf Brandstiftungen und drei Körperverletzungen. »Wer Häuser anzündet und Gasleitungen ansägt, nimmt billigend in Kauf, dass Menschen sterben«, warnt Hermann Schaus, Parlamentarische Geschäftsführer der Linkfraktion.
Allerdings stufen die Behörden längst nicht alle Straftaten gegen Geflüchtete als politisch rechts motiviert ein. Lediglich 42 von 67 Übergriffen fielen laut hessischem Innenministerium in diese Kategorie. Dass dies mitunter auch an mangelndem Aufklärungswillen der Behörden liegen könnte, zeigt ein Prozess gegen einen 21-Jährigen, der im April 2015 mit einer Gaspistole zehn Schüsse auf eine Asylunterkunft in Hofheim abgab. Bei der Attacke ging eine Scheibe zu Bruch, Menschen wurden nicht verletzt.
Für die Tat musste sich Ronny W. nun laut »Frankfurter Rundschau« vor dem Frankfurter Jugendschöffengericht verantworten. Seine Verteidigung setzte dabei auf die Strategie, die Schüsse als jugendliche Dummheit unter Alkoholeinfluss abzutun. Er habe überhaupt nicht gewusst, wozu das Containerdorf gedacht gewesen sei, erklärte seine Anwältin. Der 21-Jährige kommt trotz diverser Vorstrafen mit einer Verwarnung, 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit und Schadensersatz davon.
Was im Prozess dagegen keine Rolle spielt, sind Aufkleber der NPD, die beim Täter laut Aussage der Staatsanwaltschaft vor einigen Wochen gefunden worden sein sollen. Weil der im Prozess auftretende Staatsanwalt nur einen Kollegen vertritt, gibt es dazu keinerlei Nachfragen. Dabei spielte der mögliche rechte Hintergrund des Täters sogar in der Polizeimeldung kurz nach der Verhaftung eine Rolle. Wie die »Taunus Zeitung« damals schrieb, seien bei der Hausdurchsuchung rechte Flugblätter und Aufkleber sichergestellt worden. Doch schon im Mai hieß es: Ronny W. sei zwar polizeilich bekannt, allerdings nicht als Rechter registriert. »Merkwürdig«, kommentiert LINKE-Politiker Schaus das Urteil. Offenbar habe sich das Gericht nicht für den Neonazihintergrund interessiert.
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