»Teilhabecard« für Bedürftige
In Hessen gibt es jetzt das erste rot-rot-grüne Bündnis auf Landkreisebene
Zwei Monate nach den hessischen Kommunalwahlen haben die Gremien von SPD, Grünen und Linkspartei im Landkreis Groß-Gerau dem landesweit ersten rot-rot-grünen Bündnis auf Kreisebene zugestimmt. Der Koalitionsvertrag soll am Donnerstag unterzeichnet werden.
Ein Schwerpunkt in dem 17-Seiten-Papier ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Dabei ist die Gründung einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft angedacht, die Kommunen sollen mit Rat und Tat unterstützt werden. Um Betroffenen eine Stimme zu geben, sollen Arbeitsloseninitiativen künftig im Beirat des kommunalen Jobcenters vertreten sein. Sanktionen gegen Hartz IV-Empfänger sollen so weit wie möglich vermieden werden. Vorgesehen ist auch die Gründung von Beschäftigungsgesellschaften nach Thüringer Vorbild. Menschen mit niedrigen Einkommen sollen mit einer »Teilhabecard« vergünstigten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen erhalten.
Das Bündnis möchte den Landkreis zur Modellregion für die fahrscheinlose Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs und eine Umlagefinanzierung von Bussen und Bahnen machen. Weitere Ziele sind mehr Ganztagsschulen, Freifunkprojekte, Fahrradschnellstraßen und vegane Speisen in Kantinen. Die Koalitionäre lehnen den Bau eines dritten Terminals am Rhein-Main-Großflughafen ab, glauben aber offenbar nicht mehr daran, das Projekt noch stoppen zu können. SPD, Grüne und die um einen Kreistagsabgeordneten der Piratenpartei erweiterte Fraktion LINKE/Offene Liste haben im Kreistag zusammen eine knappe Mehrheit von 36 der 71 Sitze und wollen ihr Bündnis über die volle fünfjährige Wahlperiode zusammenhalten.
Der südwestlich der Bankenmetropole Frankfurt am Main gelegene und an den Rhein-Main-Flughafen angrenzende Landkreis hat 260 000 Einwohner - Tendenz steigend. Größte Kommune ist mit rund 62 000 Einwohnern die Opelstadt Rüsselsheim. An der Spitze der Kreisverwaltung stehen ein SPD-Landrat und ein von den Grünen gestellter hauptamtlicher Beigeordneter. Die LINKE reklamiert keine hauptamtliche Stelle, möchte aber ehrenamtlich in allen relevanten Gremien und insbesondere im Verwaltungsrat des Jobcenters vertreten sein.
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