Sanierung mit Schwarzfahrern

MEINE SICHT

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Schwitzen statt sitzen«, mit diesem flotten Spruch versucht die Justiz, aus dem sehr verkorksten Konzept der Ersatzhaft noch etwas Sinnvolles zu machen. Ersatzhaft wird immer dann angeordnet, wenn Menschen die Geldstrafe, zu der sie verurteilt wurden, nicht bezahlen können. Etwa 110 Euro kostet jeder Hafttag die Justiz, bei einem ALG II-Empfänger entspräche das einer Geldstrafe von 15 Euro, so hoch liegt der Tagessatz, der sich nach dem monatlichen Einkommen richtet. Ein schlechtes Geschäft für beide Seiten also, Staat und Gesetzesbrecher. Auf den ersten Blick scheint da das von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) stolz präsentierte Konzept, Betroffene lieber Schulen renovieren zu lassen, wie eine tolle Idee.

Doch eigentlich zeigt es nur ein doppeltes Staatsversagen: Einerseits die Unfähigkeit, angemessene Sanktionen für Vergehen wie Schwarzfahren zu finden - Gefängnishaft zählt jedenfalls nicht dazu. Andererseits den bejammernswerten Zustand der hauptstädtischen Schulen, der seit Jahren bekannt ist, bisher aber eher mit halber Kraft angegangen wurde. Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass Schulämter auf die quasi kostenlose Arbeit von Menschen angewiesen sind, die ihr Leben nicht im Griff haben.

Die Opposition, seien es Grüne, LINKE oder Piraten, hat für beide Punkte Ideen und Konzepte vorgelegt. Fahrscheinloser Nahverkehr und die Herausnahme des Schwarzfahrens aus dem Strafrecht gehören dazu. Vielleicht ist da nicht alles zu Ende gedacht, aber es gibt wenigstens ein Bewusstsein dafür, was schief läuft. Genauso wie bei den Schulen, derer sich Senat und Bezirke konzertiert und systematisch annehmen müssten. Berlin braucht Konzepte statt Machterhalt.

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