Der 200-Millionen-Bumerang

Sachsen-Anhalts neue Landesregierung muss 2017 mit deutlich weniger Geld auskommen

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Steuereinnahmen sind auch in Sachsen-Anhalt derzeit hoch - doch wegen eines Sondereffekts hat das Land kommendes Jahr voraussichtlich weniger Einnahmen als bislang gedacht.

Magdeburg. Die neue Landesregierung von Sachsen-Anhalt muss kommendes Jahr voraussichtlich mit geringeren Einnahmen auskommen als bislang geplant. Die Differenz zwischen der neuen Steuerschätzung für 2017 und den bisher in der Finanzplanung kalkulierten Beträgen liegt bei 146 Millionen Euro, wie Finanzminister André Schröder (CDU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts mitteilte.

Hintergrund ist eine hohe Gewerbesteuernachzahlung in der Gemeinde Lützen im Süden von Sachsen-Anhalt, wo die Deutsche Bank ein Tochterunternehmen hat. Der Gewerbesteuersatz ist dort für die Bank im bundesweiten Vergleich extrem günstig. Im Finanzausgleich von Bund und Ländern wird der von der Kommune so niedrig festgelegte Satz allerdings nicht berücksichtigt, so dass dem Land höhere eigene Einnahmen unterstellt werden, als es tatsächlich hat. Sachsen-Anhalt erhält dadurch rund 200 Millionen Euro weniger im Finanzausgleich, was nur teilweise durch höher als erwartete Steuereinnahmen ausgeglichen wird.

Abgesehen von dem Sondereffekt 2017 dürfte der Landesregierung aus CDU, SPD und Grünen bis 2020 aber insgesamt mehr Geld als bisher geplant zur Verfügung stehen. Für die Jahre 2018 bis 2020 wird nun mit zusammen 291 Millionen Euro Mehreinnahmen gerechnet. Insgesamt unterstellen die Daten einen deutlichen Anstieg des Steueraufkommens - von gut sieben Milliarden Euro in diesem Jahr auf fast 8,1 Milliarden Euro im Jahr 2020. Ursachen sind die stabile Konjunktur, die gute Entwicklung des Arbeitsmarktes und Zuwächse bei den Einkommen.

Wie das Land mit den rechnerisch fehlenden 146 Millionen Euro im kommenden Jahr umgeht, ist noch unklar. Es sollen keine neuen Schulden aufgenommen und die Vereinbarung mit dem Bund zur Sanierung des Haushalt eingehalten werden. Ob an dem bisher geplanten Abbau der Schulden festgehalten wird, muss der Landtag entscheiden. Für das laufende Jahr war eine Rückzahlung von 100 Millionen Euro eingeplant; der Betrag soll nach der bisherigen Beschlusslage des Parlaments pro Jahr um 25 Millionen Euro angehoben werden.

In der Koalitionsvereinbarung hatten sich CDU, SPD und Grüne auf Mehrausgaben unter anderem für Polizisten, Lehrer und Kommunen verständigt. Dies sei grundsätzlich möglich, sagte Schröder. Es gebe aber keine Spielräume für zusätzliche Ausgaben. Mehrausgaben seien grundsätzlich durch höhere Einnahmen, Umschichtungen oder eine zeitliche Streckung erreichbar. Derzeit arbeiten die Ministerien an ihren Wünschen für den Doppelhaushalt 2017/2018. Schröder will im zweiten Halbjahr zudem eine neue mittelfristige Finanzplanung vorlegen.

Vor wenigen Tagen hatte sich Landesrechnungshofchef Kay Barthel zu Wort gemeldet. »Es bestehen weder im Haushalt 2016 noch in den Folgejahren nennenswerte Spielräume für Ausgabeaufwüchse«, sagte er der dpa. »Finanzpolitisch ist der Koalitionsvertrag mit heißer Nadel gestrickt«, kritisierte Barthel. »Denn er unterstellt weiterhin sprudelnde Steuereinnahmen und baut zudem auf Kompensationsleistungen des Bundes nach dem Auslaufen des Solidarpakts. Meines Erachtens müsste eine nachhaltige Finanzpolitik aber vor allem durch eigene Ausgabenkürzungen gesichert werden.« dpa/nd

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