Ampel zunächst ohne Flackern

Malu Dreyer ohne Probleme zur Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz gewählt

  • Hans-Gerd Öfinger, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit der Wiederwahl von Malu Dreyer (SPD) zur rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin wird erstmals ein westdeutsches Flächenland von einer Ampelkoalition regiert.

Die Anspannung in den Gesichtern der Koalitionäre löste sich schlagartig, langer Applaus brandete im Plenum und auf der Zuschauertribüne auf, als der frisch gekürte Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) am Mittwochmittag das Wahlergebnis verkündete. Die bisherige und neue Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vereinigte im ersten Anlauf 52, also alle Stimmen ihrer neu formierten Koalition auf sich. Die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen, die im Landtag des Vier-Millionen-Landes 52 von 101 Abgeordneten auf die Waage bringt, nahm damit souverän ihre erste parlamentarische Hürde. Die 49 Nein-Stimmen in der geheimen Abstimmung dürften komplett aus dem Lager der Oppositionsparteien CDU und AfD gekommen sein.

Damit waren mediale Spekulationen auf einen Schlag Makulatur, wonach vermeintliche Abweichler aus den Koalitionsfraktionen Dreyer in der geheimen Wahl einen Denkzettel verpassen und weitere Wahlgänge erzwingen wollten. Dreyer hatte den Chefsessel in der Staatskanzlei erstmals Anfang 2013 übernommen und damit den langjährigen, über fast zwei Jahrzehnte regierenden SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck beerbt. Anders als in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg, wo am 13. März ebenfalls ein neuer Landtag gewählt wurde, konnte sich die SPD in Rheinland-Pfalz mit einem allein auf Dreyer zugeschnittenen Wahlkampf behaupten und regiert weitere fünf Jahre. Die CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner hatte bei ihrem zweiten Anlauf auf die Mainzer Staatskanzlei das schlechteste Ergebnis ihrer Partei in der fast 70-jährigen Landesgeschichte eingeholt und bleibt Oppositionsführerin.

Nach dem erstmaligen Einzug der Rechtspartei AfD besteht das Landesparlament aus nunmehr fünf Fraktionen - ebenfalls ein Novum. Im Gegensatz zu früheren Legislaturperioden waren die offenen Abstimmungen über die Geschäftsordnung und das Landtagspräsidium schon deshalb keine reine Formsache. So beschloss das Plenum gegen die Stimmen der AfD eine Verkleinerung der meisten Parlamentsausschüsse von 13 auf 12 Mitglieder. Damit steht AfD, FDP und Grünen in diesen Gremien gleichermaßen jeweils nur ein Sitz zu. AfD-Fraktionschef Uwe Junge kritisierte dies als »Verletzung des Grundsatzes der spiegelbildlichen Vertretung« der Fraktionen und drohte mit der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Abgeordnete von CDU und SPD widersprachen ihm und verwiesen auf eine ähnliche Praxis in mehreren Bundesländern. Bei der Wahl des Landtagspräsidiums beschloss das Plenum eine Verringerung der Zahl der Vizepräsidenten auf zwei. Hier kamen nur die beiden größten Fraktionen SPD und CDU zum Zuge.

Im neuen Kabinett Dreyer stellt die tonangebende SPD fünf Minister. Jeweils zwei Ressorts besetzen FDP und Grüne. Personell und politisch mussten die Grünen, die sich mit 5,3 Prozent knapp ins Parlament gerettet hatten, die meisten Federn lassen. Die von ihnen geleiteten Ressorts für Umwelt und Integration wurden abgespeckt, bei wichtigen Themen wie Brücken- und Straßenbau oder Reduzierung der Zahl neuer Windkraftanlagen hatte die einstige Ökopartei große Zugeständnisse gemacht. Die FDP, die bereits von 1991 bis 2006 als Juniorpartner der SPD im Land regiert hatte, übernimmt nach zehn Jahren Abstinenz wieder die Ressorts für Wirtschaft und Justiz. Justizminister Herbert Mertin hatte dieses Amt schon bis 2006 bekleidet. Der neue Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef Volker Wissing war von 2001 bis 2004 Mertins persönlicher Referent.

Unter der Parole »AfD vor dem Landtag begrüßen - Lärm gegen Menschenhass« hatte vor Beginn der Plenarsitzung ein lokales Bündnis aus Linksjugend ['solid], Grüner Jugend und antifaschistischen Gruppen gegen den Einzug der AfD in das Mainzer Landesparlament protestiert. »Sie sollen nicht glauben, dass wir vergessen haben, mit welchen rassistischen, völkischen, sexistischen und asozialen Parolen sie Wahlkampf betrieben haben«, so der Aufruf zum Protest, dem rund 50 Aktivisten gefolgt waren.

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