Kann’s der Kanzler?

Österreichs Sozialdemokraten stehen offenbar nicht gerade fest hinter Christian Kern

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Tag nach seiner Angelobung durch den Präsidenten äußerte sich Österreichs neuer Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) erstmals zu den Eckpunkten seiner Politik.

Christian Kern plant einen »New Deal« mit den Unternehmensvertretern, um die »schlechte Laune« durch Optimismus zu ersetzen. Nur so können Arbeitsplätze geschaffen werden, betonte der neue österreichische Kanzler gegenüber der Presse.

Der 50-jährige Kern stand zehn Jahre lang der staatlichen Eisenbahngesellschaft ÖBB vor und gilt auch in wirtschaftsliberalen Kreisen als geeichter, anerkannter Manager. Sein guter Draht zu den Gewerkschaften sowie seine intensiven Kontakte zu den Landeshauptleuten, die er in seiner Funktion als Bahnchef naturgemäß pflegte, prädestinieren ihn für die neue Aufgabe als Bundeskanzler. Ein wirklicher Quereinsteiger in die Politik ist er nicht, begann er doch seine Laufbahn als Assistent eines sozialdemokratischen Staatssekretärs in eben jenem Kanzleramt, das er in Zukunft leiten wird.

Sein Ruf nach »Überwindung des Stillstands« klingt allerdings wie ein Echo bereits früher gehörter Aussagen. Auch dass er mit seinem Koalitionspartner, ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, einen »Plan für Österreich« bis 2025 ausarbeiten will, um das Land »wieder auf die Überholspur zu bringen«, ist eine in vielen Facetten immer wieder vorgebrachte Idee, der es an Substanz fehlt.

Christian Kern kommt nicht alleine. Er tauscht drei von sechs sozialdemokratischen Ministern aus, dazu auch noch die einzige Staatssekretärin, was einer großen Regierungsumbildung gleichkommt. Bei der Suche nach neuen Köpfen fiel auf, dass Kern offensichtlich nur die zweite Wahl für ein Regierungsamt begeistern konnte. Eine ganze Reihe von Kandidaten, die er favorisiert hatte, sagte ab. Dies deutet darauf hin, dass es innerhalb der SPÖ führende Persönlichkeiten gibt, die der Kanzlerschaft Kern kein langes Leben voraussagen.

Die neue Bildungsministerin Sonja Hammerschmid ist symptomatisch für den neuen politischen Kurs, der so neu nicht ist. Sie war schon einmal für ein Regierungsamt vorgesehen, allerdings auf einem ÖVP-Ticket. Inhaltlich befürwortet sie die Einführung einer Gesamtschule und will Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren für Universitäten einführen. In ihr personifiziert sich die SPÖ-ÖVP-Koalition.

Zum Thema Flüchtlinge erinnerte Kern daran, wie er als Generaldirektor der ÖBB Zehntausende Asylsuchende per Bahn reibungslos durch Österreich an die deutsche Grenze transportieren ließ. Eine solche »Haltung der Menschlichkeit« sei für ihn selbstverständlich.

Allerdings, so setzte er hinzu, gehe es jetzt darum, »Sicherheit und Ordnung« im Land zu garantieren. Auch stünde er zu dem von seinem Vorgänger ausgehandelten Aufnahmestopp, der in Kraft tritt, sobald in diesem Jahr 37 500 Asylanträge eingebracht sind. Dann würde es zur Notverordnung kommen. Stimmt die Asylstatistik, so ist im Juli oder August damit zu rechnen.

Angesprochen auf eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit mit der FPÖ, blieb Kern standhaft. Er verstehe zwar, dass es auf Landes- und Gemeindeebene Bündnisse der Sozialdemokratie mit den Freiheitlichen gebe, aber im Bund sei die FPÖ »derzeit kein Koalitionspartner«. »Wir arbeiten nicht mit Parteien zusammen, die gegen Menschen und Minderheiten hetzen«, begründete Kern seine Ablehnung einer FPÖ-SPÖ-Koalition. Sein Kabinett bezeichnete der Kommunikationswissenschaftler als letzte Chance für die beiden Großparteien. Wenn sie diese nicht nutzten, würden sie »wahrscheinlich zurecht« von der Bildfläche verschwinden.

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