Misere des Schulsystems

MEINE SICHT

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 2 Min.

Es wäre einfach, die Misere der Willkommensklassen auf eine unvorhersehbar angewachsene Zahl der Geflüchteten und damit den überproportional gestiegenen Handlungsdruck des Senats zurückzuführen.

Klar: Meldebescheinigungen, ärztliche Voruntersuchung und Schulplätze konnte die Politik bisher noch mit Ach und Krach zur Verfügung stellen. Aber die meisten Probleme, die auftreten, wenn es Kinder einmal in die Willkommensklassen geschafft haben, die gibt es auch in Regelklassen - und das schon lange.

So verwundert es, wenn der Staatssekretär für Bildung den alteingesessenen Lehrern zuruft, sich ab jetzt darauf einzustellen, nicht nur blonden Schülern gegenüberzusitzen. Mit Verlaub: So war es noch nie. Inklusion ist deshalb auch kein »Modul«, das man nun plötzlich wegen der Geflüchteten »braucht«: Die Menschen sind vielfältig, auch in ihrer Klassenlage - und es ist gut, dass das endlich oben ankommt.

Dabei geht es nicht nur um die Schüler: Es ist schon erstaunlich, wenn Lehrerinnen von Willkommensklassen fordern, ihre Ausbildung solle zu mehr »Selbstkompetenz« führen - und sich selbst damit meinen. Dafür sollte eine Ausbildung doch wohl da sein: Doch aktuell besteht das Referendariat vor allem darin, dem Druck standzuhalten, sich zu rechtfertigen, nicht blöd dazustehen.

Genauso verwundert der Ruf nach neuen Lernmethoden: Denn dass konfrontativer Unterricht für 32 Kinder nicht besonders ertragreich ist, betrifft nicht nur Flüchtlinge. Dass es Sinn macht, an den Erfahrungen der Schüler anzuknüpfen, sie mit einzubeziehen, ist mehr als erwiesen. Die Misere der Willkommensklassen zeigt die Misere des Schulsystems, dessen Mängel nun durch die Bedürfnisse der Geflüchteten noch deutlicher zu Tage treten.

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