Taubheit für die gute Nachricht
Velten Schäfer über die neuesten Zahlen der Kriminalstatistik
Na, das war doch klar: Die Zahl der Straftaten in Deutschland hat kräftig zugelegt – wegen der Flüchtlinge! Es steht zur fürchten, dass dies die Botschaft ist, die Zeitgenossen aus der nun veröffentlichten Kriminalstatistik ziehen. Dabei bemüht sich diese um Differenzierung: Es handelt sich bei diesen »Taten« vor allem um solche, die mit dem Flüchtlingsstatus selbst verbunden sind. Um »Passvergehen« etwa und um Verstöße gegen das deutsche Asylrecht, das so komplex und so sehr in Bewegung ist, dass selbst Experten Schwierigkeiten haben, Schritt zu halten.
Tatsächlich zeigt die Statistik trotz der erneut deutlich gestiegenen Zahl angezeigter Wohnungseinbrüche im Großen und Ganzen eins: Es gibt in der Frage der Kriminalität keinen Grund zur Panikmache. Man kann und muss Konzepte entwickeln, etwa Wohnungseinbrüche einzudämmen. Es wird aber nicht »alles immer schlimmer«, beileibe nicht.
Nun ist Sicherheit mehr ein Gefühl als ein objektiver Umstand. Dass die Menschen für die gute Nachricht der Statistik taub zu sein scheinen, liegt vielleicht am Fernsehprogramm, das zunehmend aus wüsten Verbrechen besteht. Oder an Politikern wie Jens Spahn von der CDU.
Der kommentierte die Statistik unter Verweis auf die »Berliner U-Bahn« im »Tagesspiegel« schon vorab mit dem Satz, Arbeit und Soziales stünden bei den Bürgern inzwischen weit hinter dem Sicherheitsbedürfnis zurück. Damit mag er sogar recht haben. Verantwortlich für diesen Umstand ist aber weniger die Realität als vielmehr Meinungsmacher seines Schlages, die aus Ängsten Kapital schlagen.
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