Polizei räumt Raffinerie-Blockaden in Frankreich
Anhaltender Protest gegen Regierung und Besetzung landesweiter Depots führt zu Treibstoffknappheit / Beamte gehen gegen Besetzer vor / Weitere Proteste gegen neoliberale Reformen angekündigt
Paris. Angesichts von Benzin- und Dieselknappheit an zahlreichen Tankstellen hat die französische Regierung eine harte Linie gegen Blockierer von Treibstoffdepots angekündigt. Französische Polizisten räumten am Dienstag die Blockade einer Raffinerie und eines Kraftstofflagers in der Nähe von Marseille.
Premierminister Manuel Valls warf der Gewerkschaft CGT vor, in ihrem Protest gegen die umstrittenen Arbeitsmarktverschärfungen Verbraucher und Industrie als Geiseln zu nehmen. Weitere Depots würden »befreit«, versprach Valls während einer Nahost-Reise in einem Interview des Senders Europe 1. CGT-Chef Philippe Martinez kündigte derweil Ausweitung von Streiks an: »Wir rufen zu einer Generalisierung der Streiks auf, überall, in allen Sektoren.« Valls spiele »ein gefährliches Spiel«.
Polizisten setzten Tränengas gegen Gewerkschafter ein, die seit einem Tag die Zufahrten eines Depots und einer Raffinerie in Fos-sur-Mer am Mittelmeer blockiert hatten. Die Blockierer hätten die Beamten mit Steinen beworfen und Paletten sowie Reifen angezündet, sagte Polizeipräfekt Laurent Nuñez dem Sender BFMTV. Der CGT-Funktionär Emmanuel Lépine warf der Polizei gewaltsames Vorgehen vor: Das seien beinahe »Kriegsszenen« gewesen.
Blockaden und Streiks gegen die massiv umstrittenen Arbeitsmarktreform hatten in den vergangenen Tagen zu Versorgungsengpässen an Tankstellen vor allem im Nordwesten geführt. Am Montag waren laut CGT sechs von acht Raffinerien des Landes von Aktionen betroffen, rund 20 Prozent der etwa 12 000 Tankstellen waren nach Angaben von Verkehrsstaatssekretär Alain Vidalies geschlossen oder hatten große Schwierigkeiten. Die Behörden schritten nach eigenen Angaben bereits mehrfach ein, weil Treibstofflager von außen blockiert wurden – die Regierung hält diese Aktionen für nicht legitim.
Gegen die geplante neoliberale Arbeitsrechtsreform, mit der Hollande im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit unter anderem die 35-Stunden-Woche aufweichen und betriebsbedingte Kündigungen erleichtern will, gibt es schon seit Wochen Proteste Hunderttausender Menschen. Valls betonte am Dienstag erneut, das Gesetzesvorhaben werde nicht zurückgezogen. Am Donnerstag ist ein erneuter landesweiter Aktionstag gegen das umstrittene Vorhaben geplant.
Unterdessen erhöhte der Internationale Währungsfonds (IWF) den Druck auf die franzöische Regierung, weitere neoliberale Reformen umzusetzen. Zwar habe es in den vergangenen Jahren bereits »Fortschritte« gegeben, erklärte der IWF am Dienstag in einem Jahresbericht zu Frankreich. Es müsse aber »noch mehr getan werden für eine dauerhafte Senkung der Arbeitslosigkeit«.
Der in Washington ansässige IWF verwies unter anderem die noch nicht verabschiedete Lockerung des Arbeitsrechts. Solche Gesetzesänderungen müssten noch »ergänzt werden durch Maßnahmen, die Barrieren bei der Schaffung von Arbeitsplätzen abschaffen«, erklärte der IWF. Agenturen/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.