Hollande zur Arbeitsmarktreform: »Ich bleibe hart«
Präsident und Premier Valls wollen umstrittenes Gesetz gegen Proteste von Hunderttausenden durchsetzen / Gewerkschaften rufen zu Ausweitung der Aktionen gegen sozialdemokratische Regierung auf
Berlin. Seit Wochen gibt es in Frankreich Proteste und Straßenblockaden - doch die sozialdemokratische Regierung von Francois Hollande hält weiter an der umstrittenen Arbeitsmarktreform fest. Zuletzt hatte es neue Streiks und Massendemonstrationen gegeben. Zahlreiche Experten warnen vor den Folgen. Was der Präsident davon hält? »Ich bleibe hart, weil ich denke, dass es eine gute Reform ist«, sagte Hollande. Es sei nicht akzeptabel, dass eine Gewerkschaft sagen könne, was Gesetz werde und was nicht. Ähnlich äußerte sich Premierminister Manuel Valls: »Wenn ein Text diskutiert (...) und von der Nationalversammlung angenommen worden ist, sehe ich es als meine Aufgabe, ihn durchzusetzen«, sagte er in einem Interview des Boulevardblatts »Le Parisien«.
Die Reform zur Flexibilisierung des Arbeitsrechts erlaubt es Unternehmen, Tarifverträge mit Betriebsvereinbarungen zu unterlaufen, und erleichtert Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen. Mehrere Gewerkschaften riefen nach tagelangen Behinderungen der Benzinversorgung dazu auf, die Protestaktionen gegen das Gesetz ausweiten. »Jeder Tag muss ein neuer Schwung in der Mobilisierung sein«, forderten die große linke Gewerkschaft CGT und weitere Organisationen.
Valls, Innenminister Bernard Cazeneuve und Verkehrsminister Alain Vidalies wollten noch am Samstag mit Vertretern der Öl- und Verkehrswirtschaft über die Benzinversorgung des Landes reden. Die Blockade von Raffinerien und Benzinlagern hatten in den vergangenen Tagen zu Engpässen an Tankstellen geführt. Valls sagte, er könne keine Blockaden akzeptieren, die »die Bewegungsfreiheit einschränken und Arbeitnehmer oder Arbeitsuchende behindern«.
Die Zufahrten zu fast allen französischen Treibstoffdepots waren am Freitag wieder frei, in den meisten Raffinerien wurde aber weiter gestreikt. Hollande versicherte, die Regierung werde alles tun, um die Verbraucher zu versorgen. Beim Ölkonzern Total, der 2.200 von etwa 12.000 französischen Tankstellen betreibt, war noch etwa jeder dritte Standort betroffen: 346 Tankstellen saßen ganz auf dem Trockenen, bei 395 weiteren gab es Probleme bei einzelnen Spritsorten. Eine Sprecherin des Branchen-Verbands Ufip erklärte, die Lage scheine sich zu verbessern.
Vier von acht Raffinerien des Landes standen weiter still, bei zwei weiteren war die Produktion verringert. Die Blockaden von Benzindepots endeten am Freitag allerdings vorerst. Die Lager seien wieder zugänglich, meldete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das Staatssekretariat für Verkehr - nur eins von rund 100 werde noch bestreikt. Am Morgen hatten Polizisten die Barrikaden vor einem Lager in der Nähe von Nantes im Westen aufgelöst. Mehrere Gewerkschaften haben für den 14. Juni eine nationale Kundgebung in Paris angekündigt, zudem sind für die kommenden Wochen neue Streiks etwa bei der Bahn und der Pariser Metro angesetzt. In der Hauptstadt soll der Nahverkehr auch am Tag des Eröffnungsspiels der Fußball-Europameisterschaft am 10. Juni gestört werden. Am Donnerstag hatte ein nationaler Aktionstag nach Angaben der Behörden 153.000 Menschen auf die Straße gebracht, die CGT sprach von 300.000 Demonstranten. Auch an den Atomkraftwerken des Landes wurde gestreikt, die Stromproduktion ging deshalb am Donnerstag zeitweise leicht zurück. Energieversorger EDF und Netzbetreiber RTE hatten aber versichert, dass die Versorgung gesichert sei. Agenturen/nd
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