Autonome bekennen sich
Selbstbezichtigungsschreiben auf linker Plattform aufgetaucht
Im Internet ist ein Bekennerschreiben zu den Gewaltvorfällen in Mitte veröffentlicht worden. Auf der Internetplattform »Indymedia Linksunten«, auf der in Vergangenheit häufiger sogenannte Selbstbezichtigungsschreiben publiziert worden waren, schreiben »Autonome Gruppen«, dass sie sich »in der Alten Jakobstraße ein Stelldichein gegeben« haben, »um unsere Wut über Ausgrenzung, Vertreibung, Kontrolle und Verachtung gegenüber einer Stadt der Reichen mit Farbe, Steinen und Feuer sichtbar zu machen«. Ziel der Attacken waren demnach ein Neubauprojekt sowie ein Umspannwerk des Energiekonzerns Vattenfall, das sich ebenfalls in der Gegend befindet.
Zu der Authentizität des Bekennerschreibens wollte sich die Berliner Polizei am Montag auf »nd«-Anfrage zunächst nicht äußern. »Die Ermittlungen dauern an«, erklärte ein Polizeisprecher dieser Zeitung. Dass es im Internet ein Schreiben gibt, ist den Innenbehörden selbstverständlich bekannt. Ob es von den mutmaßlich schwarzgekleideten und vermummten Menschen stammt, die in Kleingruppen in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag in der Alten Jakobstraße zwischen Seydelstraße und Sebastianstraße zuschlugen, mehrere Autos anzündeten, Barrikaden aus brennenden Autoreifen errichteten und sogenannte Krähenfüße auslegten, ist unklar. Die Behörden machen ihre Einschätzung in der Regel von sogenanntem Täterwissen abhängig. Also Informationen, die nur die Menschen haben können, die an der Tat beteiligt waren. Als die Polizei in der Sonntagnacht am Schauplatz der Gewalt eintraf, waren die Täter bereits geflüchtet. Die Feuerwehr konnte die Brände vor Ort löschen.
Die Gruppenbezeichnung »Autonome Gruppen« war in der Vergangenheit häufiger für solche gewalttätigen Aktionen in der Hauptstadt verwendet worden. Sie gilt seit vielen Jahren in der linksradikalen Szene als Chiffre, die von jedem genutzt werden kann, der gewalttätige Aktionen durchführt. Zusammenhänge unter diesem Namen hatten unter anderem in früheren Jahren einen »Polizeibericht« aufgelegt oder sich zu Anschlägen auf die Infrastruktur der S-Bahn bekannt. Erst am vergangenen Freitag waren auf einem Gelände der Deutschen Bahn elf Fahrzeuge in Brand gesetzt worden. Zu diesen Brandanschlägen lag zunächst kein Bekennerschreiben vor, es wird jedoch gemutmaßt, dass dafür ebenfalls Linksradikale verantwortlich waren. Ähnliche Aktionen wie in der Alten Jakobstraße, bei denen ganze Straßenzüge betroffen waren, hatte es Anfang Februar in der Flottwellstraße in Mitte und in der Weserstraße in Neukölln gegeben.
In Medien und Politik sorgte das Vorgehen der mutmaßlich Linksradikalen unterdessen für heftige Reaktionen. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sprach in diesem Zusammenhang von »verbrecherischen Aktionen«, auf die der Rechtsstaat mit »allen Mitteln des Gesetzes« antworten werde. »Die Menschen in unserer Stadt werden solche Taten niemals akzeptieren oder tolerieren«, erklärte Henkel. Und: »Gewalt und Zerstörung haben in Berlin keinen Platz.«
Auch die Grünen verurteilten den »feigen Angriff aufs Schärfste«. »Brennende Barrikaden und Krähenfüße bedeuten ein lange nicht mehr gesehenes Ausmaß an Gewalt«, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux. Um die Tatverdächtigen zu finden, müssten die Anstrengungen der Sicherheitsbehörden deutlich erhöht werden, so Lux. Seine Fraktion will das Thema ausführlich im kommenden Innenausschuss des Abgeordnetenhauses besprechen. Innensenator Henkel warf der Grünen-Innenexperte vor, sein Versprechen aus dem Wahljahr 2011, die nächtliche Brandstiftungen in den Griff zu bekommen, nicht gehalten zu haben. Bis heute lasse Innensenator Henkel ein nachhaltiges Konzept vermissen.
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