Paris versucht sich als Friedensstifter
Nahostkonferenz auf Initiative der französischen Regierung
Der tote Punkt soll überwunden werden. Mit einer Außenministerkonferenz an diesem Freitag könnte der stillstehende Nahostfriedensprozess wiederbelebt werden. Das hofft zumindest Frankreich, das Gastgeberland. Dabei sind die unmittelbar betroffenen Parteien - Israel und die Palästinenser -, zwischen denen der Dialog seit einigen Jahren völlig zum Erliegen gekommen ist, nicht eingeladen. Konferenzteilnehmer sind vielmehr das »Quartett« des Nahostprozesses, also die USA, Russland, die Europäische Union und die Vereinten Nationen. Ferner werden die Arabische Union und weitere interessierte Länder, vor allem solche aus der Region, vertreten sein.
Bevor wie angestrebt im Herbst ein zweiter Nahostgipfel unter Beteiligung von Israel und den Palästinensern stattfinden kann, wollen sich die nun in Paris vertretenen Länder über einen gemeinsamen Kurs zur Unterstützung einer Neuaufnahme des direkten Dialogs verständigen. Dass dies nicht einfach sein dürfte, machte schon die Vorgeschichte der jetzigen Begegnung deutlich. Die Bemühungen der USA um eine Verständigung im Nahen Osten waren zuletzt im Jahr 2014 gescheitert. Dass jetzt eine neue Initiative von Frankreich ausging, wollte die US-Regierung anfangs nicht hinnehmen, und so hielt Außenminister John Kerry die Veranstalter wochenlang mit »Terminproblemen« hin, die seinem Kommen im Wege stünden. Paris ging so weit, den Termin zu verschieben, damit er in den Kalender von Kerry passt.
Der französische Präsident François Hollande erklärte vor Tagen: »Dieses Initiative war dringend nötig, weil sich seit einiger Zeit nichts mehr tat. Und wenn das so weiterginge, würden die Anlage immer neuer Kolonien in den besetzten Gebieten, die Übergriffe, die Terrorangriffe und weitere Konflikte andauern und die Palästinenser würden diese Probleme früher oder später vor den US-Sicherheitsrat bringen.«
Dabei gehe es nicht um eine Internationalisierung des Nahostkonflikts, sondern vorrangig um eine Verständigung vor Ort. »Wir wollen mit den Teilnehmern dieser Konferenz, den großen Staaten und den Nachbarländern in der Region, die Bedingungen schaffen, die es ermöglichen, dass sich die Israelis und die Palästinenser wieder am Verhandlungstisch gegenübersitzen und miteinander reden. Es geht darum, einen politischen Horizont zu schaffen, damit solche direkten Verhandlungen zu einem tragfähigen Ergebnis führen.«
Soweit die gute Absicht. Doch ausgerechnet in der Vorbereitungsphase dieser Konferenz hat sich die französische Regierung durch eine diplomatische Fehlleistung selbst geschadet. Mitte April hat ihr Vertreter im Exekutivrat der UNESCO für eine von arabischen Ländern eingebrachte Resolution gestimmt, die Israel jedes Recht auf den Tempelberg und die »Klagemauer« in Jerusalem abspricht, die tausendjährige Geschichte der drei Weltreligionen und damit auch der Juden in dieser Stadt ignoriert, aber »aufs Schärfste die israelischen Aggressionen und illegalen Maßnahmen gegen die Freiheit der Religionsausübung und gegen den Zugang der Muslime zu deren heiliger Stätte, der Al-Aqsa-Moschee, verurteilt«.
Israel, das in dem fünf Seiten langen Text 16 Mal mit dem Zusatz »Besatzungsmacht« vorkommt, wird vorgeworfen, »muslimische Friedhöfe in gefälschte jüdische Gräber« umzuwandeln, während beispielsweise die Städte Hebron und Bethlehem als allein muslimisch bezeichnet werden. Frankreich gehörte zu den 33 Ländern, die für diese Resolution stimmten, Deutschland zu den sechs, die dagegen votierten.
Diese Resolution war für den israelischen Premier Benjamin Netanjahu ein willkommener Vorwand, den französischen Außenminister Jean-Marc Ayrault abblitzen zu lassen, als der Mitte Mai nach Israel kam, um über die französischen Absichten im Zusammenhang mit dieser Konferenz zu informieren. Frankreich habe keine Legitimität für eine solche Initiative, weil es »parteiisch« sei, wurde ihm beschieden. Israel verwahre sich in seinem Konflikt mit den Palästinensern gegen jede Einmischung von außen und bevorzuge bilaterale Diskussionen unter der Schirmherrschaft der USA, erklärten gleichlautend der israelische Premier und alle anderen Gesprächspartner des französischen Ministers.
Dasselbe bekam auch der französische Premier Manuel Valls zu hören, als auch er eine Israel-Visite unternahm und für Verständigung zu werben versuchte. Da half es nichts, dass Valls kurz zuvor in der französischen Nationalversammlung versucht hatte, den Schaden zu begrenzen, indem er »unglückliche Formulierungen in der UNESCO-Erklärung« bedauerte.
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