Totaler Kontrollverlust

Jürgen Amendt über die Medienstrategie des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn nicht alles täuscht, dann erleben wir derzeit den Anbruch des Zeitalters der Populisten, der selbstverliebten Hassprediger, die um des eigenen Fortkommens willen noch jede politische Überzeugung verbiegen. Manipulation ist ihr Geschäft, die Demokratie Mittel zum Zweck. Das wäre nicht ganz so tragisch, gelänge es den Populisten nicht, die Medien vor ihren Karren zu spannen. So lautet das Fazit von Tobias Endler in einem Beitrag, der in dem Autorenblog carta.info veröffentlicht wurde.

Endler, der am Heidelberg Center for American Studies lehrt und forscht, setzt sich in seinem Artikel mit der Medienstrategie des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auseinander. Trump gebe, so Endler, den Medien den Takt vor, in dem sie über ihn berichten müssen. »Er führt die - US-amerikanischen wie deutschen - Medien am Nasenring durch die Manege der Öffentlichkeit. Das ist tragisch, denn damit vernachlässigen die Medien ihre ureigenste Funktion: die Politik zu kontrollieren, für Transparenz zu sorgen, Fakten zu prüfen (…) Den Medien hat das Medienphänomen Trump längst den Schneid abgekauft. Sie lassen sich von ihm führen, geben jede seiner Äußerungen wieder, vervielfältigen noch die größte Absurdität und tragen sie bis in den hintersten Winkel des Landes und weiter über die Landesgrenzen hinaus.« Die Konsequenz sei »totaler Kontrollverlust«. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen von Politikern werde in Folge des durch Trumps Auftreten vollzogenen Paradigmenwechsels nicht mehr geprüft, »ein Politiker, der bei der Lüge ertappt wird, nicht mehr bloßgestellt«. In der Folge entfremde sich das Publikum immer weiter von den Medien.

Stimmt Endlers Analyse, dann ist es kein Wunder, dass die Hauptbühne der Populisten in der digitalen Welt, die sozialen Netzwerke wie Facebook, den etablierten Medien längst den Rang abgelaufen haben. Facebook kontrolliere »maßgebliche Strukturen, Ressourcen und Kanäle der öffentlichen Meinungsbildung«, schreibt Thomas Schmidt in dem auf der Medienplattform de.ejo-online.eu veröffentlichten Beitrag »Die Facebook-Falle«. Facebook mache »mehr als beobachten, es steuert«. Hinter den sogenannten Trending Topics, die den Usern bestimmte, mit Hilfe von Algorithmen selektierte Nachrichteninhalte präsentieren, stehe keine Maschine, sondern »ein redaktionelles Team, das quasijournalistischen Leitlinien folgt.

Facebook will das Beste aus beiden Welten: die Universalität der sozialen Plattform und die Autorität des Journalismus. Allerdings verweigert es journalistische Verantwortlichkeit und versteckt sich hinter der trügerischen Neutralität der Algorithmen«, kritisiert Schmidt, der als an der School of Journalism an Communication an der University of Oregon arbeitet. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gefalle sich »in der Rolle des weltoffenen Menschenfreunds, der das soziale Netzwerk zum Wohl der Gemeinschaft entwickelt«. Hinter Facebook stünden allerdings geschäftliche Interessen. Das, so Schmidt, »wäre auch nicht notwendigerweise verwerflich, nur sollte es zumindest artikuliert werden. Fürchte die Macht, die vorgibt, keine Macht zu sein«.

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