Journalistenverband streitet über Umgang mit der AfD
Bundes-DJV: Nicht jede Äußerung hat Nachrichtenwert / Brandenburgische Ortsgruppe nimmt Gauland in Schutz
Berlin. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die große Medienpräsenz der AfD kritisiert. Journalisten hätten eine Informationspflicht, die ganz besonders bei einer »relativ neuen politischen Kraft« wie der AfD gelte, sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall dem »Handelsblatt«. Journalisten müssten Nachrichten aber auch gewichten: »Nicht jede Äußerung von AfD-Politikern hat Nachrichtenwert.«
Die Äußerung von Überall scheint jedoch nicht von allen im Verband geteilt zu werden. Wie die Branchenwebseite meedia.de berichtet, hatte sich zuvor der Landeszusammenschluss Brandenburg der DJV in einem Streit zwischen dem AfD-Politiker Alexander Gauland und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) auf die Seite Gaulands geschlagen. Der rechte Politiker hatte der Zeitung ein Interview gegeben, in dem er diskriminierende Äußerungen gegenüber dem Fußballspieler Jérôme Boateng geäußert haben soll. Gauland erwiderte, die Journalisten der FAS hätten ihn falsch wiedergegeben.
In einem im Namen des DJV-Brandenburg verfassten Blogeintrag unter dem Titel »Der Shitstorm, der nach hingen losging« äußerte sich der Landesvorsitzende Klaus D. Minhardt zur Diskussion. Er warf den FAS-Journalisten vor, das Boateng-Zitat falsch ausgelegt zu haben und Kampagnenjournalismus zu betreiben. Das betreffende Zitat besage nicht, »dass Gauland etwas gegen den Nationalspieler hat, sondern stellt nur die Ressentiments in der Bevölkerung dar. Man muss schon sehr gewagt interpretieren, um das als Rassismus von Gauland zu sehen«, so Minhardt.
Weiter kritisierte er die »Pseudoqualitätsmedien« »Spiegel«, »Zeit« und »unzählige weitere«, die journalistische Grundsätze »über Bord« werfen würden, sobald es um die AfD gehe. »Gleichzeitig zeigen sich die gleichen Medien völlig überrascht, dass sie immer öfters als Lügenpresse beschimpft werden.«
Der DJV-Bundesverband distanzierte sich umgehend von den Äußerungen. Minhardt spreche für »seinen Miniverband«, der innerhalb der Organisation »weder auffällt noch irgendeine Rolle spielt«, sagte der Bundessprecher Hendrik Zörner. Nach DJV-Angaben belaufe sich die Mitgliederzahl im Landesverband Berlin-Brandenburg auf unter 200.
Auch FDP-Chef Christian Lindner warnte derweil Politik und Medien davor, die AfD unnötig zu stärken. »Wenn jeder politische Rülpser der AfD in der ›Welt‹ oder der ›Tagesschau‹ landet, dann gibt man dieser Partei eine Macht, die ihr zum Beispiel im Vergleich mit Umfragewerten der Grünen nicht zukommt«, sagte Lindner der »Welt« von Montag.
Die Regierungsparteien erklärten »bei jedem wichtigen Projekt taktisch, man wolle der AfD kein Gewinnerthema geben«, fügte Lindner hinzu. »So erweckt man den Eindruck, die AfD stünde vor der Machtübernahme.«
Führende Vertreter der rechtspopulistischen AfD hatten in den vergangenen Wochen wiederholt mit Äußerungen zum Islam oder zu Flüchtlingen für Aufsehen in Politik und Medien gesorgt. AFP/nd
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