Einstieg in Gentechnik durch die Hintertür?

Grüne mobilisieren gegen neue Züchtungstechniken

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Grünen in Bundestag und EU-Parlament sichern sich Expertenrat, um Munition gegen die Deregulierung neuer Gentechniken zu sammeln.

Größere Präzision und niedrigere Markteinstiegshürden für kleinere Pflanzenzüchtungsbetriebe sind für die deutschen Grünen kein Grund, neue Züchtungstechniken auf der Basis von genetischen Techniken wie CRISPR/Cas von der Regulierung als Gentechnik freizustellen. Das machten der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling und sein Kollege im Bundestag, Harald Ebner am Freitag bei einem Fachgespräch mit Experten aus Naturschutz und Biolandwirtschaft deutlich.

Bisherige gentechnische Züchtungsverfahren nutzen Viren, Bakterien oder mikroskopische Partikel dazu, um erwünschte Gene in Organismen einzubauen. Diese Verfahren funktionieren zum einen nicht besonders treffsicher, da der Zufall bestimmt, wo das neue Gen tatsächlich eingebaut wird. Die dabei zur Erfolgskontrolle mit eingebauten genannten Marker boten zugleich den Abnehmern der Ernte Möglichkeiten für den Nachweis der Genveränderung. Auch wegen der verfahrensbedingten Risiken lehnen viele Europäer gentechnisch veränderte Organismen in ihren Lebensmitteln ab. Das und die hohen Kosten der Zulassung sind für die Saatgutfirmen Gründe, das Etikett Gentechnik loszukriegen, erinnerte Annemarie Volling von Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft. Die neuen Methoden greifen ohne ein später nachweisbares Transportmittel ins Erbgut ein, und hinterlassen dort auch keine spezifischen Spuren, da sie einen zelleigenen Mechanismus nutzen. Die Befürworter dieses sogenannten Genome Editing sehen daher keinen Grund, diese Verfahren unter dem geltenden Gentechnikrecht zu regulieren. In den USA sind bereits einige wenige Pflanzensorten ohne spezielles Prüfverfahren zugelassen, und die EU-Kommission hat laut Häusler die Absicht, die neuen Verfahren aus dem Gentechnikrecht herauszunehmen. Allerdings nahm auch der Grüne Ebner für sich in Anspruch, dass sich Politik nicht einfach »wissenschaftlichen Erkennnissen unterordnen« dürfe.

Sowohl der derzeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich forschende kalifornische Mikrobiologe Ignacio Chapela als auch Margret Engelhard vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) halten eine solche Deregulierung für verfehlt. Denn die Verbilligung und Beschleunigung der gentechnischen Veränderungen mit dem CRISPR/Cas-Verfahren erlaubt es heute weit mehr Laboren als früher, veränderte Organismen zu erzeugen - und gegebenenfalls freizusetzen. Chapela kritisierte zudem, dass der präzisere Eingriff noch lange nicht bedeutet, dass man das Ergebnis besser versteht. Und BfN-Expertin Engelhard verwies darauf, dass auch mit den neuartigen Methoden eine Risikobewertung nötig sei, da eine einzelne Veränderung am Erbgut noch wenig über den Gesamtorganismus aussage. Zudem erlaubten die neuen Techniken eine große Zahl von Genveränderungen auf einmal, was mit klassischer Züchtung nicht gleichermaßen gehe. Das BfN sei deshalb gegen eine Deregulierung. Vom BfN eingeholte Rechtsgutachten sehen auch CRISPR/Cas als Gentechnik.

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