So kleine Hände ... am Abzug
Maschinengewehre in Kinderhand am »Tag der Bundeswehr«
Die Fotos sind gewöhnungsbedürftig: Vier Kinder im Grundschulalter, teils möglicherweise jünger, allesamt Jungen, sind auf den zwei Dutzend Bildern zu sehen. Die Knaben hantieren jeweils mit schweren Schusswaffen, mal dem Scharfschützengewehr G28, mal einer MP7, der besonders für Nahbereichsgefechte geeigneten Maschinenpistole der Bundeswehr. Hinter den lieben Kleinen stehen Erwachsene in Zivil, mutmaßlich Mütter und Väter, vor ihnen ein Mann in Bundeswehruniform, den Fotos von Auslandseinsätzen der Bundeswehr umrahmen. Entstanden sind die Bilder der Kinder mit Maschinengewehr, die »nd« vorliegen, am vergangenen Samstag beim »Tag der Bundeswehr«, und zwar in Stetten am kalten Markt, wo die Bundeswehr zwei Kasernen betreibt, wichtigster Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor ist.
12 000 Menschen ließen sich den Tag der offenen Tür in der baden-württembergischen Gemeinde nicht entgehen. Geboten wurde ihnen ein »buntes, abwechslungsreiches und spannendes Programm für die ganze Familie«, wie es auf einer Aktionswebseite heißt. Die Veranstaltung war »ein voller Erfolg«, die Organisatoren »zeigten sich mit dem Verlauf hochzufrieden«, berichtet der »Schwarzwälder Bote« begeistert.
Insbesondere junge Waffenbegeisterte, so wäre zu ergänzen, kamen auf ihre Kosten. Auch blutjunge. Doch nicht jeder ist von dem Event begeistert. Das gilt auch für das Bundesverteidigungsministerium, das vom »nd« mit den Vorwürfen konfrontiert wurde. »Der Tag der Bundeswehr ist im Hinblick auf die Einbindung der Bundeswehr in die Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Für solche Veranstaltungen gibt es klare Regelungen«, betont ein Sprecher des Hauses gegenüber »nd«.
Zur Zeit würden sich die Anhaltspunkte verdichten, »dass am Tag der Bundeswehr in Stetten bei einem Stand zur statischen Waffenschau auch Kinder Zugang zu ungeladenen Handwaffen hatten«. »Sollte sich dieses bewahrheiten, wäre es ein eindeutiger Verstoß gegen bestehende Vorschriften der Bundeswehr«, stellt das zuständige Ministerium klar. So sei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18 Lebensjahres der Zugang zu Waffen und Munition durch geeignete Vorkehrungen zu verwehren. »Die Ermittlungen laufen«, so der Ministeriumssprecher.
In Stetten sei eine Grenze überschritten worden, ärgert sich Roland Blach, ein Aktivist der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Gezielt spreche die Bundeswehr junge Menschen mit Waffen an. »Wegen deren Technikbegeisterung«, schwant Blach. Doch in diesem Fall habe die Bundeswehr die eigenen Richtlinien verletzt. Ralf Willinger vom Kinderhilfswerk »terre des hommes« will den Fall gar vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes aufgeklärt sehen. Die Bundesregierung solle endlich Militärwerbung verbieten, die auf Kinder und Jugendliche abzielt.
Auch die Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger zeigte sich entsetzt. »Waffen sind keine Spielzeuge und gehören unter keinen Umständen in Kinderhände. Wir werden diesen Hinweisen mit Nachdruck nachgehen«, so die sicherheitspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion gegenüber »nd«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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