Und wieder ein neuer Investor

Der kleine Lübecker Airport entgeht dem endgültigen Aus - zum wiederholten Mal

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die lange Geschichte des Regionalflughafens Lübeck-Blankensee ist um ein Kapitel reicher: Bei dem neuerlichen »Flughafen-Retter« Winfried Stöcker handelt es sich um eine höchst umstrittene Person.

Es ist wahrlich keine Ruhmesgeschichte, die da aus der Marzipan-Stadt an der Trave kommt. Die hoffnungslos überschuldete Hansestadt Lübeck saß nach mehreren Pleiten ihres Flughafens in der »Alternativlos-Klemme«. Auf der Suche nach Investoren war man aus Angst vor einer millionenschweren Abwicklung dankbar für jeden, der Hier rief. Die Seriosität und Bonität der Geldgeber wurde dabei offenkundig hinten angestellt. Auch deshalb bekommt der Airport nun binnen elf Jahren mit dem in unmittelbarer Nähe residierenden Medizintechniker Winfried Stöcker bereits seinen fünften Betreiber.

Am Montagnachmittag wurde in Hamburg ein ab dem 1. Juli in Kraft tretender Vertrag zwischen der Stadt Lübeck und Stöcker unterschrieben, der ab 2022 auch die Möglichkeit einer Kaufoption des Areals für den Geschäftsmann beinhaltet. Welche weiteren Zugeständnisse Stöcker der Stadt hat abringen können, darüber wollte die Stadt keine Angaben machen. Nur so viel: Der Chef der weltweit tätigen Labordiagnostikfirma Euroimmun, der bereits 2012 Interesse am Flughafen zeigte, verhandelte über den Insolvenzverwalter Klaus Pannen mit der Stadt auch über einen Betriebskostenzuschuss.

Am 30. Juni muss die Lübecker Bürgerschaft nun noch formal grünes Licht geben. Auch wenn viele Parlamentarier mit der Personalie Stöcker große Bauchschmerzen haben, gilt die Zustimmung als sicher. Denn auf den roten Zahlen sitzen zu bleiben, gar eine Abwicklung des Flughafens einzuleiten, wäre fatal. Seit 1997 hat Lübeck 68 Millionen Euro in den Flughafen gepumpt, der zuletzt wie im Sturzflug immer mehr an Attraktivität und Vitalität verloren hat. Auf der anderen Seite kassierte die Stadt über Jahre EU-Fördergelder, von denen im Falle eines Rückbaus rund 62 Millionen Euro zurückzuzahlen wären.

Nach dem Ausstieg des neuseeländischen Investors infratil 2009, der es in seinem Abschiedsjahr noch auf knapp 700 000 Fluggäste brachte, folgte ein beispielloser Niedergang. Ein Bürgerentscheid ein Jahr später erzwang den hochdefizitären Weiterbetrieb, obwohl sich in der Bürgerschaft mehrheitlich bereits eine Abkehr vom Flugbetrieb abgezeichnet hatte. Ende 2012 übernahm der Deutsch-Ägypter Mohamad Radyamar den Airport, der sich Anfang 2014 aber aus dem Staub machte. Im Frühjahr des Jahres erfolgte daraufhin die Insolvenz. Auch der Folge-Betreiber, die Puren-Group aus China, hat nur ein Jahr durchgehalten und meldete im September 2015 Insolvenz an. Über acht Monate dauerte dann die Suche für den nunmehr neuen Nachfolger. Auch die letzte verbliebene Airline Wizzair verlor derweil die Geduld, so dass es im April die letzten Linienflüge gab. Zuletzt waren nur noch 50 Beschäftigte auf dem Flughafen tätig. Mit 30 will Stöcker weitermachen, sich vorerst nach eigenen Angaben aber nur auf Geschäfts- und Privatflüge konzentrieren.

Es ist das Weltbild des 69-Jährigen, das besagte Bauchschmerzen hervorruft. Flüchtlings- und fremdenfeindliche Äußerungen Ende 2014 sorgten für Beifall seitens der rechten Szene und für staatsanwaltliche Ermittlungen in Richtung Volksverhetzung, die inzwischen aber eingestellt wurden. Zuletzt wurde Stöcker im April mit einer abschätzigen Rede über den Kleiderstil iranischer Frauen bei der Euro-Fashion-Award-Vergabe im mit seinen Millionen finanzierten und im Umbau befindlichen Kaufhaus von Görlitz zu einem öffentlichen Ärgernis.

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