Kurze Karriereleiter Ost
Soziologe: Ossis werden auch zukünftig kaum in Spitzenpositionen aufrücken
Berlin. Die Ostdeutschen haben es geschafft, könnte man meinen: die Kanzlerin eine ehemalige FDJlerin und der Bundespräsident ein selbstverliebter Mecklenburger. Doch der Eindruck täuscht. Angela Merkel und Joachim Gauck sind Ausnahmen von der Regel, die besagt, dass Ossis in Führungspositionen stark unterrepräsentiert sind. Nicht einmal zwei Prozent aller Spitzenkräfte wurden zwischen Ostsee und Erzgebirge geboren. Dabei beträgt der Bevölkerungsanteil der Menschen aus den neuen Ländern 17 Prozent.
Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), zeigt sich zuversichtlich, dass der geringe Anteil der Ostdeutschen an den Eliten irgendwann der Vergangenheit angehören wird.
Der Soziologe Raj Kollmorgen ist da weniger zuversichtlich. Im nd-Interview betont der Transformationsforscher, dass sich Eliten selbst reproduzieren, »weil bestimmte Bildungswege, Bildungsniveaus oder sprachliche Ausdrucksfähigkeiten und Selbstbewusstsein in den Familien und Milieus weitergegeben werden«. Das würde erklären, warum auch die Kinder der 1989 geschassten DDR-Eliten nicht in Führungspositionen nachrücken. »Bewerber, die etwa aus Sachsen kommen, einen fremden Dialekt sprechen, einem unbekannten Milieu entstammen«, hätten einen großen Nachteil, so Kollmorgen.
Hinzu komme die familiäre Prägung: »Ostdeutsche Eltern, die nach der Wende Arbeitslosigkeit, Existenzangst und Entwertung ihrer Qualifikationen erlebten, haben ihren Kindern beigebracht, sich bei der Berufswahl stärker an Sicherheit zu orientieren, also Berufe zu erlernen oder Fächer zu studieren mit einer geringen Wahrscheinlichkeit, irgendwann arbeitslos zu werden.« Diese risikoarmen Strategien könnten einen Aufstieg ermöglichen, aber nicht in Elitepositionen. fal Seite 2
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