Fischkutter in London und ein Plan für Brexit
EU-Aussteiger wollen nicht zwei Jahre lang warten
London. Eine Flottille britischer Fischkutter hat am Mittwoch auf der Themse für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union demonstriert. Rund 20 Schiffe passierten mit tutenden Nebelhörnern die Tower Bridge und das Parlament, geschmückt mit der britischen Flagge und Bannern, auf denen der sogenannte Brexit gefordert wurde. »Leave, Save our Country« (Tritt aus, rette unser Land) oder »The Only Way is Brexit« (Der Brexit ist der einzige Weg) war darauf zu lesen.
Organisiert wurde die Aktion von der Kampagne »Fishing for Leave« (in etwa: Fischen für den EU-Austritt). An der Aktion beteiligte sich auch der Chef der rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (Ukip), Nigel Farage. »Die EU-Mitgliedschaft hat unsere Industrie zerstört«, erklärte er, bevor er an Bord ging. Das Deck seines Schiffes war mit britischen Flaggen und Liegestühlen in den Farben des Union Jack bestückt. Bei der Flottille handele es sich nicht um eine Party, »sondern einen Protest mit Vollgas«, sagte Farage. »Wir wollen unsere Gewässer zurück.«
Ebenfalls auf der Themse unterwegs waren kleinere Boote, deren Besatzungen mit dem Banner »In« für einen Verbleib in der Europäischen Union warben. Andere EU-Befürworter buhten vom Ufer aus die Flottille aus. Der Musiker und Aktivist Bob Geldof beschallte die Themse von Bord eines Schiffes mit dem Lied »In With The In Crowd«.
In einem Dokument, das am Mittwoch auf der Webseite der offiziellen Wahlkampforganisation »Vote Leave« veröffentlicht wurde, heißt es, das Land werde der Union erst 2020 endgültig den Rücken kehren. Bis dahin wollen die Brexit-Befürworter Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen dem Königreich und der Rest-EU führen.
Einer zeitlichen Beschränkung von zwei Jahren für die Verhandlungen, wie im Vertrag von Lissabon vorgesehen, wollen sich die Brexit-Befürworter nicht unterwerfen. Auch automatische rechtliche Folgen wie ein sofortiges Ausscheiden aus dem Binnenmarkt oder ein Stopp von EU-Fördergeldern hätte ein Brexit-Votum nicht, heißt es.
Dennoch sollen verschiedene EU-Regeln in Großbritannien nach dem Willen der Brexit-Befürworter schon früher nicht mehr gelten. Beispielsweise solle ein Gesetz »unverzüglich die «schurkische» Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs über die nationale Sicherheit beenden«. Zitiert wird auch der Fraktionschef der Konservativen im Parlament, Chris Grayling, der »echte Schritte zur Begrenzung von Einwanderung« forderte.
Am 23. Juni stimmen die Briten über den Verbleib ihres Landes in der EU ab. Jüngsten Umfragen zufolge liegen die Brexit-Befürworter vorn. Agenturen/nd
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