Schiffe gibt es genug - am falschen Ort

Flüchtlingsrettung tut not - doch demnächst sind nur zwei kleine Bundeswehr-Einheiten vor der libyschen Küste

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die deutsche Fregatte »Karlsruhe« wechselt das Einsatzgebiet. Bislang war sie vor Libyen an der Operation »Sophia« beteiligt.

Am Dienstag hat der UN-Sicherheitsrat der Ausweitung der EU-Mission »Sophia« vor der libyschen Küste zugestimmt. Die von Großbritannien und Frankreich eingebrachte Resolution wurde von allen 15 Mitgliedern des Gremiums gebilligt. Nun wird die Marineoperation, die bislang der Flüchtlingsrettung und der Feststellung von Schlepperstrukturen diente, ausgeweitet. Die Soldaten sollen bei der Durchsetzung des Waffenembargos gegen all jene libysche Gruppen helfen, die nicht der von Westen anerkannten Einheitsregierung angehören.

Logisch bedeutet das: Arbeit und Verantwortung wachsen. Doch es geschah Seltsames. Die deutsche Fregatte »Karlsruhe«, die seit drei Monaten Teil der Operation »Sophia« war, beendete ihren Einsatz. Natürlich wäre es zu verstehen, wenn die Besatzungsangehörigen heimkehren könnten. Doch dem ist nicht so. Die »Karlsruhe« wird nun der »Standing NATO Maritime Group 2« unterstellt und mit anderen in der Ägäis patrouillieren. Sie löst den Einsatzgruppenversorger »Bonn« ab. Offenbar will man dort kein »Loch« zulassen, denn die türkische Seite versucht schon seit geraumer Zeit, den NATO-Verband aus dem Seeraum zu drängen.

Vor der libyschen Küste war die »Karlsruhe« im Sinne der Auftraggeber nicht nur politisch bedeutsam. Nach Angaben der Bundeswehr haben sich seit Jahresbeginn etwa 47 000 Menschen auf den gefährlichen Weg übers Mittelmeer gemacht. Immer wieder wird von Schiffsunfällen berichtet, Tausende Flüchtlinge kamen ums Leben. Der Kommandant der »Karlsruhe«, Fregattenkapitän Christian Clausing, berichtete seinen Vorgesetzten, das alleine seine Besatzung 663 Menschen aus Seenot gerettet hat. Das zweite deutsche »Sophia«-Schiff, der Einsatzgruppenversorger »Frankfurt am Main«, nahm sogar über 3000 Hilflose an Bord. Doch auch sie beendet den Einsatz.

Ersetzt werden die beiden Schiffe durch den Tender »Werra« und das Minenjagdboot »Datteln«, deren Einsatzmöglichkeiten alleine durch deren geringe Größe und Durchhaltefähigkeit wesentlich geringer sind. Auf der »Werra« hat sich zudem ein zwölfköpfiges Boardingteam der finnischen Marine eingeschifft. Diese Kooperation habe sich, so sagt die Marine, bereits seit Ende 2015 bewährt

Schon seit geraumer Zeit hört man, dass die deutsche Marine ob der zahlreichen Einsätze, an denen sie beteiligt ist, auf dem letzten Loch pfeift. Das erklärt womöglich, dass die Bundesregierung nun nur zwei kleine Einheiten in den riesigen Seeraum zwischen der libyschen und der italienischen Küste entsendet, in dem - neben einigen Booten verschiedener ziviler Initiativen - derzeit nur drei weitere Schiffe mit Dienstflaggen von EU-Staaten am Heck unterwegs sind.

Szenenwechsel. Die Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein lädt zwischen dem 18. und 26. Juni abermals zur Kieler Woche ein. Vertreten ist auch jede Menge graues Kriegsblech. Deutsche und Besatzungen aus anderen NATO-Staaten laden im Tirpitzhafen zum »Open Ship« ein. Es gibt viel zu berichten, denn viele der Schiffe waren unlängst noch beim Ostsee-Manöver BALTOPS eingesetzt.

Teilgenommen haben rund 50 Schiffe und 60 Luftfahrzeuge aus 14 Staaten mit insgesamt 4000 Seeleuten. 800 kamen aus Deutschland, das mit zehn Schiffen und Booten sowie einem Seeaufklärer und mehreren Eurofightern präsent war. Zwei Wochen lang hat man gegenüber Russland demonstriert, dass die NATO ihre östlichen Bündnispartner nicht im Stich lasse, falls Moskau territoriale Gelüste à la Krim verspüren sollte. Auch an Land liefen zeitgleich Übungen. Demnächst will die NATO vier Kampfbataillone in den baltischen Staaten sowie in Polen stationieren.

Solche Art Machtdemonstrationen kosten Geld. Das Verteidigungsministerium in Berlin hat für 2016 mit 95 Millionen Euro zehn Millionen mehr für Manöver veranschlagt als 2015. Im Vergleich zu 2014 sind es sogar 25 Millionen mehr. Laut Bundestagsmandat stehen für die EU-Mission »Sophia« zwischen Oktober 2015 und Oktober 206 rund 42,3 Millionen Euro zur Verfügung.

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