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Identitäre Luftnummer

Aufmarsch von Rechtsradikalen nach Blockade vorzeitig beendet: Statt der erwarteten 400 erschienen lediglich 100 Teilnehmer / Antifaschistisches Bündnis blockiert Teil der Aufmarschstrecke

  • Paul Liszt
  • Lesedauer: 3 Min.
Identitärer Aufmarsch erfolgreich in Berlin blockiert

Sie erscheinen an symbolisch aufgeladenen Orten, an denen sie wenig Widerstand erwarten und verschwinden genauso so schnell, wie sie gekommen sind. So lautete die Einschätzung, die die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) im Vorfeld zur »Identitären Bewegung« veröffentlichte. So kam es dann auch, als sich die völkische Gruppierung unter der Parole »Aufstand gegen das Unrecht« zu ihrem Aufmarsch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung am Freitagabend am Bahnhof Friedrichstraße traf. Statt der im Vorfeld angekündigten 400 Teilnehmer waren es am Ende gerade einmal 100 Anhänger, der ursprünglich aus Frankreich stammenden rechtsextremen Jugendbewegung.

Vielen von ihnen waren extra bundesweit angereist und zogen einige hundert Meter durch das menschenleere Regierungsviertel vor das Bundesfinanzministerium. Nach eineinhalb Stunden blieb den Identitären nach einer improvisierten Abschlusskundgebung nur der Rückzug unter Polizeischutz zum nächst gelegenen U-Bahnhof Mohrenstraße. Der geplante Abschluss am Potsdamer Platz musste entfallen, da mehrere hundert Antifaschisten am Leipziger Platz mit einer Blockade den Weg versperrten. Von dem ursprünglichen Plan, am historischen Ort in der Karl-Marx-Allee zu demonstrieren, mussten sich die »Identitären« bereits im Vorfeld verabschieden. Sie hatten wohl kalte Füße bekommen, vermuten manche.

»Mehr Pressevertreter als Teilnehmer«, witzelte ein Beamter der Bundespolizei am Ausgang des Bahnhofs Friedrichsstraße. Gegen 18 Uhr war es tatsächlich zunächst eine Gruppe, die sich im Regen ausgerechnet um einen Pritschenwagen der Kreuzberger Vermietungsfirma »Robbe & Wientjes« scharten. Aber auch die beschworenen Sonderzüge spuckten nur wenige neue Teilnehmer aus. Immerhin dreistellig war der Zug, als er sich schließlich hinter einem großen gelb-schwarzen Banner in Bewegung setzte. Das Programm wurde weitgehend von auswärtigem Redner bestritten. Die Berliner Sektion, die bereits seit dem vergangenen Jahr wie in mehreren anderen Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, beschränkte sich auf die Übernahme der Aufmarschlogistik. Einer von ihnen mit Ordnerbinde an der Spitze laufend war Jannik Brämer. Er hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt, weil unter anderen das »nd« darauf hinwies, dass der als einer er führenden Mitglieder der Berliner »Identitären« geltenden Brämer gleichzeitig als Schatzmeister Mitglied im Landesvorstand der AfD-Jugendorganisation »Junge Alternative« ist. Brämer selbst wollte sich am Freitag nicht dazu äußern.

Aus Wien angereist, war der als Hauptredner des Abends angekündigte Martin Sellner. Der Anführer der Gruppierung in Österreich gab vor allem Durchhalteparolen aus. Auch in Wien habe man einmal klein angefangen, versuchte er die Gekommenen zu motovieren. Mehr als zaghafte »Berlin ist unsere Stadt«-Rufe vermochte er ihnen aber nicht entlocken.

»Der groß angekündigte Aufstand ist ausgeblieben«, resümierte dann auch Martina Renner (LINKE) am Rande des Aufmarsches. Die Sprecherin für antifaschistische Politik begleitete den Aufmarsch durch Berlin-Mittet. Gegenüber »nd« zeigte sie sich erfreut, dass der Aufzug über nahezu die gesamte Strecke von Protesten begleitet worden sei. Sie plädierte trotz des »kläglichen Häuflein« am Freitag dafür, die »Identitären« auch weiterhin im Auge zu behalten.

Zufrieden zeigte sich am Abend in einer ersten Stellungnahme das »Berliner Bündnis gegen Rechts«, das zu Gegenaktionen aufgerufen hatte. »Laut und erfolgreich« sei der Protest der bis zu 400 Gegendemonstranten gewesen, hieß es.

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