Hotels gehen gut, Landgasthöfe sterben
Verband DEHOGA legte Jahreszahlen vor - demonstrativ im abrissbedrohten Potsdamer Haus »Mercure«
Das Hotel- und Gaststättengewerbe entwickelt sich, aber nicht überall gleich. Das wurde deutlich, als am Montag der Hotel- und Gaststättenverband seine Jahrespressekonferenz abhielt. Eingeladen waren die Journalisten nicht von ungefähr ins Potsdamer »Mercure« - ist dieses Hotel doch von der Abrisswut der Stadtverwaltung bedroht.
Man wolle mit der Pressekonferenz an diesem Ort ein Zeichen für das Hotel setzen, bekannte Olaf Lücke, Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA. »Das ›Mercure‹ ist ein gut gehendes Unternehmen mit 60 Mitarbeitern. Die Zufriedenheit der Gäste ist hoch, die Qualität stimmt. Dieses Haus gehört zu Potsdam wie andere auch.« Natürlich sollte an der Fassade allmählich etwas verbessert werden, räumte Lücke ein. »Aber welcher Unternehmer investiert in eine Fassadenverschönerung, wenn sein Hotel ständig in der Öffentlichkeit mit dem Abrissgedanken in Verbindung gebracht wird?«
Im Zusammenhang mit dem Brexit, dem geplanten Ausstieg Großbritanniens aus der EU, gab der DEHOGA bekannt, dass in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres rund 6000 Briten Brandenburg besucht haben, etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. DEHOGA-Landespräsident Olaf Schöpe unterstrich, seine Branche lebe von Weltoffenheit. Der Fremdenverkehr habe »ein Stück weit Angst«, dass sich die Umstände durch den Brexit verschlechtern könnten. »Das stimmt uns sehr traurig.«
Alles in allem geht es dem Hotelgewerbe recht gut, »wir sind ein wichtiges Stück Wirtschaft«, merkte Schöpe an. Zwischen Januar und März seien mehr als zwei Millionen Übernachtungen zu verzeichnen gewesen. Erneut sei das eine Steigerung um stattliche 2,7 Prozent. 90 Prozent der Besucher Brandenburgs kommen aus Deutschland, hier auch die meisten aus den angrenzenden Bundesländern. Steigerungen seien überall zu verzeichnen. Von weiterhin guten bis sehr guten Geschäftsbedingungen gehe inzwischen die Hälfte der Unternehmen aus, vor einem Jahr sei es noch ein Viertel gewesen.
Dagegen verzeichneten die rund 5500 Restaurants, Gaststätten und Imbissbuden in Brandenburg insgesamt Umsatzeinbußen von einem Prozent, preisbereinigt waren es sogar 3,6 Prozent. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro habe auf die Kostenstruktur einen Einfluss ausgeübt, aber »keinen großen«, fuhr der Präsident fort. Angesichts des Fachkräftemangels haben die Angestellten bei der Höhe ihres Einkommens ein Wort mitzureden, sagte er. Da sei es für die Unternehmer ein Glück, dass die Energiepreise, die in den vergangenen 15 Jahren erheblich gestiegen waren, 2015 nicht mehr so rasant geklettert seien.
Front machen die Hoteliers und Gastronomen gegen das Arbeitszeitgesetz, das eine maximale Beschäftigung von zehn Stunden »am Stück« gestattet. Das sei weltfremd, denn man könne eine Familien- oder Firmenfeier nicht einfach beenden und die Gäste nach Hause schicken, weil die zehn Stunden herum seien. »Wo bekommt man nachts um 1 Uhr neue Mitarbeiter für zwei oder drei Stunden her?« Nicht etwa mehr Arbeit, vielmehr eine flexiblere Arbeitszeit sei das Gebot der Stunde. Die vergleichsweise unattraktiven Arbeitszeiten und die Früh-, Spät- und Wochenendarbeit erschwere es einmal mehr, Personal zu finden, hieß es. Bei den Jugendlichen verfestige sich der Eindruck, sie könnten »inzwischen woanders leichter Geld verdienen«.
Den vielfach gut laufenden Gaststätten in den Ballungszentren stehe das große Sterben der Landgasthöfe gegenüber, hieß es. Hunderte Landgasthöfe werden aufgegeben, weil sich der Weiterbetrieb nicht mehr lohne. Immerhin habe der Radtourismus positiv gewirkt und biete einigen Gasthöfen in strukturschwachen Gegenden eine Perspektive. Umso schlimmer sei der gelegentlich schlechte Zustand der Radwege zu bewerten. »Das ist ein ganz großes Problem«, urteilte Schöpe. Zum Glück habe die Landesregierung nun 30 Millionen Euro für die Radwege zur Verfügung gestellt.
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